Wohlfühlen im Wasserland

Wohlfühlen im Wasserland

Von Dr. Peer Schmidt-Walther

Mecklenburg-Vorpommern – Land am Wasser: mittendrin und zur Hälfte drum herum. Inzwischen weiß das jedes Kind zwischen Haff und Elbe, Ostsee und Müritz. Preiswert, nerven- und umweltschonend lassen sich nutzen: sage und schreibe 340 Kilometer Ostsee-Außenküste, 1.130 Kilometer Bodden- und Haffküste, 60 Inseln, 2.013 Seen und 26.000 Kilometer Fließgewässer. Da ist für jeden Geschmack was drin.

Auch für die 20 Studentinnen aus ganz Deutschland im Studiengang Leisure and Tourism Management (LTM) der Hochschule Stralsund (HOST). Im Fach Maritime Tourism (MT) hat sie in diesem Sommersemester der Autor unterrichtet. Nicht etwa im Hörsaal, sondern outdoor und damit äußerst praxisnah mit Selbsterfahrung.

Praxis Nah in dem Fach Maritime Tourism

Vielfältiges Wasser-Angebot

Das Wasserland Mecklenburg-Vorpommern hat dabei auf dem Programm gestanden: Mitfahrt auf dem Segelschulschiff GREIF samt Kletterübungen im Rigg, Besuch der historischen GORCH FOCK (I) von 1933, des Ozeaneums mit Votrag von Direktor Dr. Benke und und Chef des Tourismusverbandes M-V, Bernd Fischer, Hafenrundfahrt mit MS ALTE LIEBE, Peene-Paddeltour, Yachtwerft-Besichtigung in Greifswald, Hiddensee-Erkundung, NDR-Wetterstudio mit TV-Auftritt, Mini-Kreuzfahrt mit dem Flusskreuzfahrtschiff SANS SOUCI von Rügen nach Stralsund, Besuch der naturgeschützten ehemaligen SED-Funktionärs-Insel Vilm, Fährreise mit FS BERLIN von Scandlines auf der Route Rostock – Dänemark und Müritz-Ausflug mit zwei Hausbooten, die von den „Mädels“ selbst gesteuert werden mussten. Ein vielfältiges Angebot, das alle begeisterte. Vor allem auch die wassertouristischen Möglichkeiten im nordöstlichsten und sonnenreichsten Bundesland. Keine andere Hochschule in Deutschland bietet ein derartiges Exkursionsprogramm an.

Greifswald

Exklusives Wetter-Erlebnis

Ein besonderes Schmankerl war der Besuch des NDR-Wetterstudios auf der Insel Hiddensee. Mit MS HANSESTADT STRALSUND der Weißen Flotte dampfte die Hochschul-Crew nach Kloster. Meteorologe Uwe Ulbrich hatte nach seiner NDR 1-Live-Ansage gerade Zeit und führte die angehenden Touristik-Manager in sein computergespicktes Oberstübchden im Reetdachhaus gegenüber vom Anleger. Ein exklusives Erlebnis für die jungen Leute.
Was folgte, war ein kurzweilig und lebensnah vorgetragener Exkurs des studierten Meteorologen aus Thüringen über die Technik der Wettervorhersage. „Ein guter Riecher“, so Ulbrich, „gehört natürlich auch dazu, denn Technik ist nicht alles“. Was er manchmal so in diversen Medien sehe und höre, könne ihm schon mal die Haare zu Berge stehen lassen. Auch dass manche Sender ihre Vorhersagen einfach ungeprüft aus dem Internet abschrieben. „Wer weiß das schon“, meinte er kopfschüttelnd, „aber das kostet die ja dann nix“.

Auf Insel Hiddensee

Wahrheit in der Mitte

Dann wurde es topaktuell. „Eure Wetter-Apps könnt ihr vergessen“, sagte er, als einige gleich mal ihr Smartphone zückten, um die Vorhersage-Version mit der im Internet zu vergleichen. Ulbrichs Bildschirme indes zeigten einerseits das Ostseeküsten-Wetter einer englischen Station mit trockenem und andererseits das einer amerikanischem mit nassem Wetter an. „Die Wahrheit liegt in der Mitte“, erklärte der Wettermacher, „aber alles ändert sich fast minütlich“. Langfristig gehe da gar nichts, „maximal drei Tage“. Auch Unwetter-Warnungen könne man nur relativ kurzfristig bekannt geben, zumal bei schweren Gewittern auch Übertragungssysteme lokal völlig ausfallen können.

Einblick in die Wetterstation

Sensationeller Fernblick

Nachdem die Studierenden seinem lebendigen Vortrag zugehört hatten, starteten sie ihre Inselwanderung bergauf zum Leuchtturm Dornbusch. Mit „sensationellem Fernblick bis hinüber zur 55 Kilometer entfernten dänischen Insel Mön. Ihre Kreidekliffs leuchteten wie zur Begrüßung herüber – bis zum „Söten Länneken“. Eine Folge der Hochdruckwetterlage über der Ostsee mit dem Einströmen kühlerer Luftmassen, die für besonders klare Verhältnisse sorgten, wie Ulbrich am wolkenlosen Radarbild erklärte.
Für seinen abendlichen „Nordmagazin“-Wetterbericht durfte sich die muntere Schar ins Bild setzen. Nach einer Minute und dreißig Sekunden war die Ansage mit der lebhaft winkenden und jubelnden „Weather-girl“-Kulisse im Kasten. „Alle Wetter!“, meinte dazu ein Urlauber aus Bayer am Rande der kleinen Ulbrich-Show und schoss ein paar Erinnerungsfotos.

Bayer

Steuerfrauen am Ruder

Höhe- und Schlusspunkt der Exkursionsserie war ein Hausboot-Törn. Die beiden schneeweißen 12 Meter langen Liner lassen jedes maritime Herz höher schlagen. Eine Schnupper-Kreuzfahrt der besonderen Art.
Dank Einweisung kann man solche „Luxusliner“ führerscheinfrei aus dem Kuhnle-Tours-Hafen im Hafendorf Rechlin an der Müritz, Deutschlands größtem See, manövrieren. „Einer der schönsten im Lande“, meint Dagmar Rockel-Kuhnle, Ehefrau und rechte Hand des schwäbischen Hausboot-Pioniers Harald Kuhnle. Er „entdeckte das vorpommersche Wasserparadies nach der Wende und herrscht heute über eine Flotte von 120 Booten in europäischen Revieren.
Ein munterer Ostwind hatte den Seespiegel aufgeraut. Frisches Nationalpark-Waldgrün in verschiedenen Schattierungen spielte Horizont. Die studentischen Skipperinnen behieltenden Überblick vom Freiluft-Steuerstand aus.
Nach dem Faulenzen in einer Badebucht hieß es wieder „ankerauf“ und jede mal ran ans Ruder. Das Kurshalten war dann doch nicht so einfach wie beim Autofahren, stellten einige erstaunt fest. Sie schrieben eher ihren Namen ins Zick-Zack-Kielwasser. Obwohl nur im Zehn-Kilometer-„Tempo“ gemächlich dahin getuckert wurde. Quer über den See mit Panoramablick auf Wälder, Wiesen und Felder. Und die Sonne lachte dazu. Für die Studentin Anna, ehemalige Oberstabsgefreitin, „ist das Tolle an der Zeit auf dem Boot, dass jeder tun und lassen kann, was er will, man gleichzeitig zu Hause und unterwegs sein kann und jeder genug Freiheiten hat und sich auch mal zurückziehen kann“.

Haines 1070

See-Vergnügen und kniffliges Manöver

Eine windgeschützte Bucht verlockte zum Ankern und Baden. Das klare Gewässer, wurde vor rund 10.000 Jahren von eiszeitlichen Gletschern ausgeschürft.
Der Wind spielt mit den nebeneinander liegenden Booten. „Drehende Aussichtsplattform mit See- und Grünblick“, kommentierte das Caro.
Zurück in der Marina heißt es schließlich rückwärts um die Ecke Einparken. „Hab ich noch nie gemacht!“, gibt Livia zu bedenken. Sie hat zwar die Bootsführerscheine Binnen und See, aber noch keine Anlege-Erfahrung „mit einem so großen Schiff“. Sie und ihre Studentinnen-Crew packen das knifflige Manöver jedoch bravourös. Spontan wurde ein verlängerter Wochenend-Törn für den Herbst geplant.
Ende der Reise. Leider! Abwechslungsreiche See-Meilen, ein Bruchteil von vielen hundert möglichen auf Europas größter Wasserlandschaft, liegen hinter den „Seefrauen“. Und der See-Mann in einem freut sich, mal wieder „richtig Kapitän“ gewesen zu sein.