Hausbootferien auf Rädern

Hausbootferien auf Rädern

Erfahrungen eines Booteinweisers

Was macht ein barrierefreies Boot aus?

Seit es die sogenannten Pontonboote auf dem Binnenchartermarkt gibt, ist Hausboot fahren auch für Menschen mit Mobilitätseinschränkung attraktiv im Sinne von „machbar“ geworden. Alle Bereiche, mit Ausnahme des nur über eine Leiter oder Treppe zugänglichen Kajütdachs, befinden sich auf einer Ebene und mindestens eine Kabine verfügt über ausreichend breite Türen für den Rollstuhl. Die Nasszelle verfügt über die obligatorische Ausstattung wie Haltegriffe, eine mit dem Boden bündige, befahrbare Duschwanne und einen Klappsitz fürs Duschen. Weiterhin gibt es in der Küche einen unterfahrbaren Bereich damit Spüle und Küchengeräte ohne fremde Hilfe genutzt werden können.

Was ist an Deck anders?

Der barrierefreie Zugang vom Steg führt zunächst aufs Vordeck. Eventuelle Höhenunterschiede werden mit einer stabilen Klapprampe überbrückt, wie man sie von öffentlichen Verkehrsmitteln kennt. Das Vordeck dient als Freifläche und Badeplattform. Es beherbergt den Fahrstand, die vorderen Belegklampen für die Leinen und den Hauptanker. Das auf Booten Reling genannte Schutzgeländer ist je nach Bauart und Optik in Metall oder Holz gehalten. Vorn und an den Seiten befinden sich Öffnungen, die mit Leinen oder Ketten gesichert sind. Die Relingöffnungen dienen dem Betreten und Verlassen des Bootes im Hafen und dem besseren Handling bei Leinenmanövern. Üblicherweise liegen die Boote bei Übergabe mit dem Bug am Steg, weil hier die Relingöffnung breit genug für den Rollstuhl ist. Dementsprechend sollte man unterwegs auch mit dem Bug am Gaststeg festmachen, um bequem an Land zu kommen. Aber auch die seitlichen Öffnungen in der Reling sind breit genug für den Rollstuhle. Vor Anker liegend lässt sich am Bug die Badeleiter ausklappen.

Auch der Fahrstand auf dem Vorschiff ist so gestaltet, dass Rollstuhlfahrer das Boot in bequemer Sitzhaltung steuern können. Das Steuerrad ist ausreichend hoch und die Säule mit dem Steuerrad, dem Schalthebel und den Schaltern für Signalhorn, Lichter und so weiter vom Rollstuhl aus erreichbar. Für den Blick nach achtern sind an beiden Fahrstandüberdachungen Rückspiegel wie bei Bussen oder LKW angebracht. Alternativ oder zusätzlich sind auf bestimmten Booten auch Kameras am Heck verbaut, die über einen Monitor am Fahrstand überwacht werden.

Das leichte Handling schwerer Ausrüstung

Ein weiteres Kriterium nicht nur auf einem barrierefreien Charterboot ist der Anker. Der Hauptanker befindet sich üblicherweise im Bereich des Vordecks in der Nähe des Fahrstands. Je nach Bootsgröße kann der Anker in eine Gewichtskategorie fallen, an der sich vor allem reine Damencrews mitunter schwertun, diesen über Bord zu werfen und wieder hochzuholen. Um sicher zu sein, die richtige Wahl zu treffen, sollte am besten schon bei der Buchung gefragt werden, ob das Boot auch über eine Ankerwinde verfügt, und ob diese manuell oder elektrisch bewegt wird. Der Heckanker ist üblicherweise auf der meist deutlich kleineren Plattform in der Nähe des Außenbordmotors zu finden und für Rollstuhlfahrer nicht zugänglich.

Soweit die grundlegenden Gegebenheiten auf rollstuhlgeeigneten Hausbooten.

Erfahrungen mit unterschiedlichen Behinderungen

Als Booteinweiser sind mir Gäste mit unterschiedlichsten Einschränkungen begegnet. Unter den Gästen im Seniorenalter ist die Ursache für die körperliche Einschränkung im Idealfall nur dem Alter geschuldet. Diese Gäste haben in jungen Jahren häufig selbst ein Boot gefahren und sind mit den Gegebenheiten an Bord vertraut. Häufig kommen Oma und Opa noch mit eigener Kraft aus dem Rollstuhl heraus, können einige Schritte gehen und den Sitzplatz wechseln. Sie besitzen genügend Lebenserfahrung, um selbst einzuschätzen, wo sie sich trotz ihrer Einschränkungen an Bord nützlich machen können und wann es ratsam ist, sich zurückzuziehen und den Jüngeren das Ruder zu überlassen.

Etwas komplizierter wird es, wenn jemand ohne Bootserfahrung in seinen Bewegungen eingeschränkt ist, zu Beispiel durch einen Schlaganfall, einen Unfall oder eine Amputation. Überlegen Sie, was Sie zu Hause können und nehem Sie sich nicht zuviel vor. Können Sie beherzt und schnell zugreifen? Prima. Falls nicht: Besprechen Sie mit der Crew, wie zum Beispiel bei Anlegen und in der Schleuse die Aufgaben sinnvoll verteilt sind. Das kann bedeutet, dass der oder die Rollstuhlfahrer(in) im Bootsinneren den Blick auf das Geschehen aus sicherer Distanz genießt oder der oder die Rollstuhlfahrer(in) übernimmt als in die Charterbescheinigung eingetragener Schiffsführer den Job am Fahrstand und überlässt das Handling der Leinen den anderen Crewmitgliedern.

Fehlt es allein an der körperlichen Kraft in den Gliedmaßen, um insbesondere das Steuerrad und den Gashebel sicher zu bedienen, und kommt dann noch eine ausgeprägte Pflegebedürftigkeit hinzu, sollte ein Plan B ins Auge gefasst werden. Wird der Gast von Pflegepersonal begleitet, sollte eine der Begleitpersonen als verantwortlicher Schiffsführer zur Verfügung stehen und entsprechend eingewiesen werden. Diese Rollenverteilung sollte idealerweise bereits vor der Reisebuchung geklärt worden sein, damit die pflegende Begleitperson nicht erst an Bord mit der neuen Aufgabe überrumpelt wird. Die pflegebedürftigen und die pflegenden Personen sind in der Regel eingespielte Teams mit einem ausgeprägten Vertrauensverhältnis, sodass am Ende das gemeinsame Bordleben auch in der neuen Umgebung eines Hausbootes eine runde Sache wird.

Eine besondere Erfahrung für einen Booteinweiser ist die Begegnung mit von Geburt an schwer geistig und körperlich behinderten Menschen. Die überwiegend jungen Menschen kommen in Begleitung der Familie. Hier ist besondere Sensibilität gefragt, wenn zum Beispiel der gut gemeinte Handschlag zur Begrüßung beim Betroffenen große Schmerzen auslöst und die Familie ihren Schützling wieder beruhigen muss. Es kommt auch vor, dass der Einweiser ungewollt in die Privatsphäre der Familie eindringt, wenn er dem zukünftigen Schiffsführer zum Beispiel den Außenborder erklärt und dabei die Heckkabine passieren muss, in der das behinderte Kind nach der langen Anreise pflegerisch versorgt wird. Betroffene Familien sollten sich dessen bewusst sein und ihre speziellen Bedürfnisse klar kommunizieren. Dann können sie darauf vertrauen, dass seitens des Einweisers so gut wie alles getan wird, damit die Bootsreise gelingt. Dazu gehört auch, dass die Einweisung über das für die Charterbescheinigung vorgesehene Pflichtprogramm hinausgeht und den individuellen Bedürfnissen der Familie oder Gruppe gerecht wird. Es versteht sich von selbst, dass die Person im Rollstuhl in besonderer Weise geschützt sein muss, sei es durch das Tragen einer Rettungsweste und das seemäßige Arretieren des Rollstuhls während der Fahrt und vor Anker liegend.

Eine Frage des Selbstvertrauens

Wozu Chartergäste mit Mobilitätseinschränkungen in der Lage sind, möchte ich an einem Beispiel verdeutlichen. Zwei junge Damen haben ein Boot gechartert, die eine mit dem Rollstuhl uterwegs, die andere nicht. Beide erweisen sich auf meine Nachfrage nicht als beste Schwestern, aber als „ziemlich beste“ Freundinnen, die schon andere Herausforderungen gemeinsam gemeistert haben und offen für Neues sind. Die Beiden haben sich darauf verständigt, dass die Dame im Rollstuhl Schiffsführerin ist. Ich frage nach ihren körperlichen Möglichkeiten und erfahre, dass unterhalb der Gürtellinie eine vollständige Lähmung vorliegt und ein kurzfristiges Verlassen des Rollstuhls nicht möglich ist. Der Oberkörper ist jedoch beweglich und die Arme sind in vollem Umfang zu gebrauchen. Ich frage weiter nach der Fahrtroute. Diese soll nicht in die nächstbeste Ankerbucht um die Ecke, sondern gleich zur nächsten Schleuse führen. Während viele andere Bootchartergäste ohne Handicap Schleusen so gut es geht meiden, sehen die beiden darin nur eine weitere Challenge unter vielen bereits absolvierten. Respekt, Respekt!
Nun stehe ich als Einweiser vor der Herausforderung, den beiden zu erklären, wie sie zu zweit das Boot möglichst stressfrei an die Schleusenwand schieben, die Leinen elegant an einer Befestigungsmöglichkeit durchkriegen und anschließend während des Schleusens die Leinen führen. Wir finden eine Lösung und machen auch gleich eine „Trockenübung“ an der Spundwand, an der sich Befestigungsbügel ähnlich denen in einer Schleuse befinden. Anschließend machen wir abweichend vom Standardprogramm noch einen kurzen Abstecher zur Ansteuerungstonne, um ein Gefühl für die Wellen der Müritz zu bekommen. Während die „ziemlich beste“ Freundin das Gepäck an Bord bringt, schiebe ich die Skipperin zur theoretischen Unterweisung. Am nächsten Vormittag fahren sie das Boot ohne die bei Anfängern üblichen Schlangenlinien durch den Kanal auf die Müritz und kriegen ebenso elegant die Kurve in Richtung der roten Tonnen entlang des Südufers.

Fazit: Es ist vieles möglich, wenn man nur will und sich nicht von Schicksalsschlägen davon abbringen lässt. Wenn meine Einweiserkollegen und ich Chartergästen dabei helfen können, ihre individuelle Dosis an Selbstvertrauen zu finden, haben wir uns das Feierabendbier an der Beach Bar redlich verdient.

Text: Klaus Neumann

Fotos: Kuhnle-Tours / Harald Mertes

Fahrt der ASB-Wasserrettungs-Besatzung mit der Komoran 1280„Riga“ von Kuhnle-Tours

Fahrt der ASB-Wasserrettungs-Besatzung mit der Komoran 1280„Riga“ von Kuhnle-Tours

vom 22.03. bis 27.03.2023 auf den Berliner Gewässern

1. Vor der Fahrt

„Man müsste mal …“ so fangen viele Geschichten an. Auch unsere.

Im vergangenen Jahr sagten wir uns: „Man müsste mal das Bootfahren aus der Perspektive der Wassersportler und Touristen erleben.“ Als langjährige Besatzungsmitglieder von Wasserrettungsstationen an den Berliner Gewässern sind wir regelmäßig auf dem Wasser, dann allerdings mit einem Rettungsboot und häufig nicht zum Spaß.

„Wassersport ist ziemlich teuer, das kann sich nicht jeder leisten“, ist ein übliches Argument gegen diesen schönen Sport. Im Verein sieht die Sache schon anders aus. Das gilt im Wasserrettungsdienst des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) und selbstverständlich ebenso für die anderen im Wasserrettungsdienst tätigen Hilfsorganisationen (die DLRG/Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, das DRK/Deutsches Rotes Kreuz und – an der Küste – die DGzRS/Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger). In diesen Hilfsorganisationen setzen sich Menschen in ihrer Freizeit mit viel Engagement für Menschen in Not ein.

Die Bereitschaft, in einem Ehrenamt aktiv zu werden, ist nach unseren Beobachtungen mit steigendem Einkommen der Menschen immer geringer ausgeprägt. Das heißt: Im Ehrenamt sind überdurchschnittlich viele Menschen mit geringem Einkommen engagiert, aus unserer Sicht oft ohne ausreichende Würdigung.

Auf der anderen Seite gilt: Wer es sich leisten kann, „fährt Boot und lässt retten“. Den Rettungsdienst – manchmal unter Einsatz des eigenen Lebens – machen andere.

Um die Arbeit unserer Stationsbesatzung zu würdigen, ist es seit Jahren eine schöne Tradition, dass wir kurz vor Beginn der Dienst-Saison etwas gemeinsam unternehmen. Da sind wir wieder am Anfang: Man müsste mal … – aber bezahlbar muss es für jeden von uns sein. Aus diesem Grund scheidet eine Bootscharter eigentlich schon aus. Es sei denn, es findet sich ein Partner, der die Aktivitäten unserer Samariterinnen und Samariter zu würdigen weiß und uns entsprechend unterstützen möchte. Also begaben wir uns auf die Suche (ganz ehrlich: wir haben nicht daran geglaubt).

2. Der Fund

Ende Januar kamen wir mit Kuhnle-Tours in Kontakt. „Plötzlich und unerwartet“ kann auch einmal positiv verstanden werden: Wir trugen unser Anliegen vor und stießen auf Begeisterung für unsere Arbeit und viel Verständnis für unsere Situation. Dank einer großzügigen finanziellen Regelung war eine Bootsreise in greifbare Nähe gerückt.

Also schnell noch alle offenen Fragen klären und die Verträge unterzeichnen. Vorfreude keimt auf …

3. Der Törn

22.03.2023

Endlich ist er da, der 22.03.2023, der Tag der Bootsübernahme. Das Boot liegt für uns bereit in der Kuhnle-Marina in Zeuthen bei Berlin – quasi mitten in unserem Einsatzgebiet.

Das für uns reservierte Boot ist eine Kormoran 1280. Sie hört auf den schönen Namen „Riga“ und misst 13,10 x 3,90 m. Der Tiefgang ist mit 0,85 m ausgewiesen, die Durchfahrtshöhe beträgt schlanke 2,85 m bei gelegtem Bimini. Das Bimini soll – so wird uns mitgeteilt – während der Fahrt immer gelegt werden, damit man nicht an den niedrigen Berliner Brücken hängen bleibt.

Da alle Mitreisenden an diesem Tag noch arbeiten müssen, hat sich unser Skipper bereiterklärt, das Boot um 15 Uhr allein zu übernehmen. Erste Überraschung: Wir sind in Zeuthen „Charterkunde Nr. Eins“ dieser Saison. Die zweite Überraschung: Für ein Boot mit Baujahr 2003 ist die „Riga“ innen und außen in einem erstaunlich guten Zustand.

Der Nachmittag vergeht mit der obligatorischen Einweisung, einer kurzen Probefahrt und dem leidigen Papierkram. Man gibt uns noch den gut gemeinten Rat, immer alle Papiere bei der Hand zu haben. Zu dieser Jahreszeit kontrolliere die Wasserschutzpolizei sehr gern.

Nach dem Stauen der Vorräte und Aufklaren hat sich der Skipper ein Feierabendbier verdient. Das Wetter (WX 17 Uhr) passt dazu: 5/8 bewölkt, sonnig und gute Sicht, Wind mit 3 bis 4 Bft. aus SSO und 21 °C (!).

Das Feierabendbier an Oberdeck mit Blick auf die Kuhnle-Marina.

23.03.2023

Am 23.03.2023 zeigt sich, dass es doch erst März ist: WX 08 Uhr 8/8 bewölkt, Regen, Wind mit 1 bis 2 Bft. aus SSW, 11 °C.

Morgens um 08 Uhr kommt der erste Teil der Mannschaft an Bord. Nach dem gemeinsamen Frühstück geht es los in Richtung Innenstadt.

Der ASB fährt …

Wir fahren zur ASB-Station Badewiese und statten ihr einen kurzen Kontrollbesuch ab (einige Crewmitglieder haben hier ihren ehrenamtlichen Arbeitsplatz). Dass die Stationen übrigens alle so verlassen aussehen, hat einen Grund: Wir haben März, Saisonstart ist das erste April-Wochenende.

Zur Kontrolle auf die Station Badewiese.

Es geht weiter durch Schmöckwitz, über den Langen See und vorbei an der berühmten Regattastrecke auf der einen Seite und dem ebenso berühmten Müggelturm auf der anderen. Am Langen See befindet sich die Station Bammelecke, eine von zwei Stationen der DLRG im Bereich Dahme/Spree.

Die DLRG-Station Bammelecke.

Weiter geht es am Ortsteil Wendenschloss entlang. Kurz nachdem wir unsere Werft an Steuerbord passiert haben, fahren wir in den Teltowkanal ein. Die Werft macht zu dieser Jahreszeit ebenfalls einen verlassenen Eindruck, aber das täuscht. In der Halle wird letzte Hand an die Boote gelegt, damit sie zum Saisonbeginn geslippt werden können. Dann sind unter der Woche alle Stege vor dem Gebäude mit Booten belegt, denn der ehrenamtliche Wasserrettungsdienst steht heute nur an den Wochenenden zur Verfügung. Vor 30 Jahren war das noch anders, da waren die Helfer auch da, wenn unter der Woche Wassersportler oder Schwimmer in Seenot kamen …

Das graue Gebäude ist die von ASB und DLRG gemeinsam genutzte Werft, rechts im Glasteil ist die ASB-Leitstelle Spree untergebracht.

Seit den Mittagsstunden frischt der Wind deutlich auf, er weht jetzt mit 4 Bft. aus Westen. Dafür wird es teils sonnig.

Unser Ziel für diesen ersten Tag soll der Hafen Tempelhof sein. Um 13.20 Uhr haben wir ihn erreicht – und sind überrascht, dass zu dieser Jahres- und Tageszeit bereits alle Gastliegeplätze (für die Größe unseres Bootes) belegt sind. Wer in der Saison hier einen Zwischenaufenthalt plant, sollte also lieber vorher nachfragen.

Da wir noch ausreichend Zeit haben, fahren wir den Teltowkanal wieder zu Berg, dann über den Britzer Zweigkanal bis zur Spree und diese ebenfalls zu Berg in Richtung Köpenick.

Industrie-Architektur an der Spree, rechts hinten die ehemaligen Kabelwerke Oberspree (KWO).

Auf den Liegeplätzen hinter dem Köpenicker Schloss steht direkt der Wind, weshalb wir auf ein Liegen hier verzichten. Da wir morgen sowieso nochmal Richtung Innenstadt wollen, gehen wir zur Nacht etwas außerhalb von Köpenick spreeab an eine sehr ruhige Liegestelle.

Ausblick von der Liegestelle.

Dort sind wir zu dieser Jahreszeit noch allein. Zum Abend wird das Wetter wieder deutlich wechselhafter (WX 17 Uhr 7/8 bew., Regenschauer mit kräftigem Wind, sonnige Abschnitte, Wind mit 5 Bft. aus WSW, in Böen 7 Bft.).

24.03.2023

Der Freitag erwartet uns mit 8/8 Bewölkung, guter Sicht, Wind mit 1 bis 2 Bft. aus West, 12 °C sollen es noch werden. Da der große Streik kommenden Montag bereits seine Schatten voraus wirft, holen wir sicherheitshalber noch schnell die aktuellen Schleusen-Infos ein, dann geht es wieder los Richtung Innenstadt. Diesmal ausschließlich auf der Spree.

Der nette Schleusenwärter hat uns zwar bestätigt, dass die Mühlendamm-Schleuse normal in Betrieb ist, aber auch mitgeteilt, dass die Schillingbrücke in Höhe Ostbahnhof noch bis 15 Uhr wegen Bauarbeiten komplett gesperrt wäre. So richtig können wir das nicht glauben – Bauarbeiten, Freitag, bis 15 Uhr??? Wir fahren also los (WX 10 Uhr 7/8 bew., gute Sicht, Wind mit 3 bis 4 Bft. aus West, Böen bis 6 Bft., 12 °C).

Oberbaumbrücke voraus, rechts der ehemalige Osthafen.

Um 12.30 Uhr sind wir an der Schillingbrücke – von den Bauarbeitern keine Spur, die Arbeitsboote liegen sicher vertäut am Ufer, keine Sperrzeichen – also auf in Richtung Mühlendamm-Schleuse.

Trotz telefonischer Anmeldung lässt uns der freundliche Schleusenwärter an der Sportboot-Wartestelle festmachen, um 20 Sekunden. später die Einfahrt in die bereits vorher geöffnete Schleuse freizugeben. Er wollte vielleicht erst einmal sehen, wie sich die Charterboot-Crew anstellt. Zwar sind die Berliner Gewässer in diesem Bereich nur mit Sportboot-Führerschein zu befahren, aber auch Schein-Inhaber sind nicht immer fit in der Handhabung von Charterbooten. Im Bereich der Mühlendamm-Schleuse ist bei bestimmten Windrichtungen mit unangenehmen Scherwinden zu rechnen, die das Manövrieren in der Schleuse zu einem aufregenden Spektakel werden lassen können. Wir sind nach einem Tag Training auf diesem Bootstyp bereits eingespielt, so dass die Manöver auch mit kräftigen Scherwinden (in Böen bestimmt 5 bis 6 Bft.) tadellos gelingen.

Hinter der Mühlendamm-Schleuse reihen wir uns in den zahlreichen Sightseeing-Verkehr ein. In der Saison sind deshalb Sportboote von 10 Uhr bis 19 Uhr mit Binnenschiffahrtsfunk ausrüstungspflichtig, aber das gilt erst ab 01. April.

Liegestelle Schiffbauerdamm.

Wir machen an der Liegestelle Schiffbauerdamm am Bahnhof Friedrichstraße fest und wollen ein Crewmitglied an Bord nehmen. Zuvor bekommen wir noch Besuch der Wasserschutzpolizei (WSP 34). Die angekündigte Kontrolle. Und man macht uns darauf aufmerksam, dass wir eigentlich hier und heute gar nicht liegen dürfen – die Liegestelle gilt nur in der Saison und nur für maximal 24 Stunden. Allerdings stellt sogar die freundliche Polizistin fest, dass die Beschilderung durchaus auch anders verstanden werden kann.

Die Beschilderung ist zumindest verwirrend.

Nettigkeit zahlt sich aus – wir dürfen bleiben und unsere Crew vervollständigen. Nachdem das gelungen ist und die Einweisung erfolgte, werfen wir während eines unvermittelten Regenschauers los und fahren dann aber bei bester Sonne weiter Richtung westliche Innenstadt. Es geht vorbei am Regierungsviertel, am Hauptbahnhof, an den Schlössern Bellevue und Charlottenburg. Wir fahren bis zur Schleuse Charlottenburg, biegen dort noch ein Stück auf den Westhafenkanal ein und wollen eigentlich über den Charlottenburger Verbindungskanal wieder zurück zur Spree.

Dieses Kanalstück ist jedoch in beiden Richtungen wegen Bauarbeiten gesperrt, so dass wir umkehren und den gleichen Weg zurück bis zum Schloss Charlottenburg nehmen.

Dort gibt es eine ausgewiesene Liegestelle, die in dieser Nacht zudem den Vorteil hat, sehr windgeschützt zu sein. Unweit davon befindet sich ein Craft-Bier-Brauhaus, Abendessen und Tagesausklang sind also gesichert.

25.03.2023

Wir werfen bereits um 07.50 Uhr los. Wir wollen vor den Ausflugs-Dampfern unterwegs sein. Tatsächlich sind wir fast den gesamten Weg zurück bis zur Mühlendammschleuse allein (WX 08 Uhr 2/8 bew., sonnig, Wind mit 3 bis 4 Bft. aus West, Böen bis 6 Bft., 10 °C).

Die Mühlendammschleuse passieren wir nach einer Viertelstunde Wartezeit, wieder mit kräftigen Scherwinden. Nach der Schleuse ist „Kaffee maritim“ angesagt, die Chefin der Pantry hat sich selbst übertroffen.

Rechts Kreuzberg, links Friedrichshain mit dem letzten Stück Berliner Mauer, voraus die Oberbaumbrücke.

Die Halbinsel Alt-Stralau war einmal eine ärmliche Fischersiedlung, heute ist es ein hipper Stadtteil mit schicken Neubauten.

Es geht die Spree hinauf in Richtung Köpenicker Becken. Wir biegen in die Müggelspree in Richtung Müggelsee ab. Inzwischen hat der Wind auf 4 bis 5 Bft. aufgefrischt, die Böen mit bis 7 Bft. werden zahlreicher.

Kurz vor 12 Uhr erreichen wir Friedrichshagen und den Ausgang des Müggelsees. Die Tonnen des vorgeschriebenen Fahrweges für motorbetriebene Fahrzeuge sind nach der Winterruhe noch nicht wieder ausgelegt, dank des selbst mitgebrachten GPS/MovingMap sind wir absolut „vorschriftsmäßig“ unterwegs. Das Boot bewegt sich in den 30 bis 50 Zentimeter hohen, von steuerbord-achtern anlaufenden Wellen fast überhaupt nicht und läuft überraschend kursstabil. Lediglich die Seitenwind-Komponente muss beachtet werden – bei der Seitenfläche kein Wunder.

ASB-Station Rahnsdorf voraus.

Mit dem entsprechenden Vorhaltewinkel gelingt eine Punktlandung an der Wasserrettungsstation Rahnsdorf, gelegen unmittelbar am Eingang des Großen Müggelsees. Weiter geht es durch einen der schönsten (leider im Sommer auch vollsten) Abschnitte der Berliner Gewässer, der Müggelspree bis zum Dämeritzsee bei Erkner. Von dort fahren wir bei immer noch auffrischendem Wind über den Seddinsee in Richtung Schmöckwitz (WX 13.30 Uhr 6/8 bew., Schauer, gute Sicht, Wind mit 5 Bft. aus SW, Böen 7 Bft., 10 °C).

ASB-Station TRO am Seddinsee.

Ein einziges Boot außer uns ist auf dem ganzen See zu sehen – ebenfalls eine Kormoran von Kuhnle Tours. Es ist zu Gast auf einer unserer Wasserrettungsstationen und Kulisse für einen Filmdreh. Also schnell mal neugierig (nicht zu nah!) vorbeigefahren, fröhliches Winken auf beiden Seiten, dann biegen wir in die Große Krampe nach Norden.

Die Kuhnle 1500 mit dem Filmteam an der ASB-Station Seddinsee.

Die Große Krampe ist ein Dahme-Altarm, der in Müggelheim endet. Dort befindet sich ebenfalls eine unserer Wasserrettungsstationen. Wir machen zu einer Kontrolle der Station (einige unserer Crew-Mitglieder kommen von hier) bei ordentlich auflandigem Wind kurz fest. Das Ablegen bei Seitenwind von 7 Bft. ist tricky und gelingt nur, weil wir genaueste Revierkenntnis haben (Wassertiefe am Steg)! Für „normale“ Charter-Crews ist so etwas nicht zur Nachahmung zu empfehlen!

Warum wir die Böigkeit nicht abgewartet haben? Eine schwarze Wand zog auf und verhieß nichts gutes, da wollten wir auf jeden Fall vorher verschwunden sein.

Als der Himmel seine Schleusen öffnete, waren alle Manöverstationen ordenlich aufgeklart und wir im trockenen Steuerhaus versammelt. Der folgende Wolkenbruch war einer der beeindruckensten der letzten Zeit und wir wussten ein Boot mit einem geschlossenen Steuerhaus sehr zu schätzen.

Der Regen macht Löcher ins Wasser!

Die Regengüsse haben wir mit einer kleinen Ausdehnung unserer Fahrt nach Schmöckwitz um den Großen Rohrwall auf dem Langen See abgewettert. Danach kurzer Zwischenstopp in Schmöckwitz, bevor wir zum Abend im Kuhnle Tours-Hafen in Zeuthen festmachen.

26.03.2023

Der Sonntag, beginnt mit einem Zeitsprung – ab heute gilt wieder die MESZ. Also WX erst 9 Uhr (7/8 bew., leichter Regen, gute Sicht, Wind mit 1 bis 2 Bft. aus West, 8 °C).

Ablegen in der Kuhnle-Marina Zeuthen.

Nach ausgiebigem und spätem Frühstück werfen wir los und fahren Dahme-aufwärts in Richtung Königs Wusterhausen. Auf dem Weg dorthin stoppt uns die WSP 20. Kontrolle. Diesmal nur die Papiere, falsch gemacht haben wir nichts. Und man kennt sich aus dem Revier. Deshalb alles sehr nett, freundlich und nach fünf Minuten erledigt.

Wir fahren nach Königs Wusterhausen und wenden nach dem Hafen. Die Schleuse Neue Mühle, über die man die Dahme weiter zu Berg fahren könnte, hat an diesem Sonntag nicht geöffnet. Das hat ausnahmsweise nichts mit dem Streik am morgigen Montag zu tun, sondern ist in der Zeit außerhalb der Saison immer so. Ab 1. April ändert sich das: Bis Ende Oktober ist die Schleuse auch Sonntags besetzt.

Nun also stromab und dann abbiegend in Richtung Krossinsee. Über den Oder-Spree-Kanal gelangen wir wieder in den Seddinsee. Von dort fahren wir nochmal über den Gosener Kanal in den Dämeritzsee, wenden uns diesmal aber in Richtung Osten nach Erkner. Hinter der Ortslage beginnt der Flakensee, an dessen nördlichem Ende der Ort Woltersdorf mit der gleichnamigen Schleuse in die Rüdersdorfer Gewässer liegt. Wir wollen aber nur bis nach Woltersdorf, da uns ein kleiner Hunger plagt.

Die Suche nach einer Liegestelle treibt den Hafenmeister eines Segelclubs auf den Steg, um uns persönlich in Empfang zu nehmen. Er geht nach dem Festmachen auch gleich ins Gasthaus, um unser Erscheinen anzukündigen. Neben dem ausgesprochen netten Empfang ist das Gasthaus „Klabautermann“ erwähnenswert, welches neben einem wunderbaren Blick über den Flakensee und den Ort Woltersdorf auch über eine sehr gute Küche verfügt. Die Forelle „Müllerin“ war eine der besten der letzten Jahre – und wir sind sicher, dass wir nicht alle Fische aufgegessen haben.

Leider ist für einen Abstecher in die Löcknitz nach Grünheide (ja, das ist der Ort, wo Elon Musk seine Tesla-Fabrik gebaut hat) keine Zeit mehr. Das Essen war so vorzüglich, dass wir uns entsprechend Zeit gelassen haben. Übrigens: Die Löcknitz wird zwar regelmäßig auch von Ausflugs-Dampfern befahren, verkrautet aber im Verlauf der Saison derart, dass eine Fahrt eigentlich nur bis Mai empfehlenswert ist.

Der Rückweg führt uns über die bekannten Gewässer Flakensee, Dämeritzsee, Gosener Kanal und Seddinsee. Dort begegnen wir wieder der Filmcrew, diesmal mit dem Boot auf dem See.

Winke-Winke, die zweite – beim Filmdreh.

Ziemlich wehmütig laufen wir in Richtung Zeuthener See, passieren kurz vor dem Einlaufen noch die ASB-Station Zeuthen am gegenüberliegenden Ufer und machen kurz vor dem Dunkelwerden in der Kuhnle-Marina fest.

Aufklaren, Abrüsten und Autos packen sind die letzten Aktivitäten des Tages. Die Crew-Mitglieder verabschieden sich, nur der Skipper bleibt für die Übergabe am morgigen Tag an Bord.

27.03.2023

Der Morgen der Rückgabe wartet mit einem schönen Sonnenaufgang auf, nach einer Nacht mit um die Null Grad – da schätzt man die gute Heizung, die das Boot ohne Zweifel hat.

Am Morgen der Rückgabe.

Die Rückgabe verläuft wie die Übergabe völlig unkompliziert. Wir haben allerdings auch ordentlich Groß-Reinschiff gemacht, Schäden sind innen wie außen keine zu beklagen. Einen großen Dank an alle Mitarbeiter der Charterbasis, die mit ihrer Arbeit zum Gelingen der Tour beigetragen haben.

Das Fazit

Die Mitglieder der ehrenamtlichen Stationsbesatzungen bedanken sich hiermit bei der Firma Kuhnle-Tours, die durch ihr Entgegenkommen dieses Erlebnis für uns möglich gemacht hat. Vielen Dank für Ihre Würdigung unserer Arbeit, die Sie dadurch zum Ausdruck gebracht haben. Dank auch an alle Mitarbeiter, die vor und hinter den Kulissen für uns tätig waren: Stellvertretend seien genannt die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die Reservierungscrew und die Geschäftsleitung.

Ein Fazit erwartet der geneigte Leser sicher auch im Hinblick auf das Boot, kann es doch eine gute Entscheidungshilfe sein, wenn man sich mit dem Gedanken an eine Charter beschäftigt.

Wie bereits erwähnt, machte das Boot für seine 20 Lebensjahre einen gepflegten und aktuellen Eindruck. Erwähnenswerte technische Unzulänglichkeiten sind uns nicht aufgefallen. Die Bilge war vollständig trocken. An einigen Stellen war sichtbar, dass im Laufe der Zeit Erneuerungen stattgefunden haben (Vorhänge, Beschläge, Toiletten-Pumpspülung).

Die Polsterung im gesamten Boot ist sicher auch vor kurzem erneuert worden, erschien uns auf den Lattenrosten der Kojen aber ein wenig unterdimensioniert. Wer es gern mag, wird sich über den recht harten Liegekomfort freuen. Der Polsterschaumstoff nimmt offenbar kein Wasser auf, selbst als erste Charterer nach der Winterruhe wirkte kein Polster feucht oder klamm. Dazu tragen sicher auch die sehr wirksame Warmwasser-Heizung und die Lattenroste bei, die Unter- und Hinterlüftung sorgt überall für Zirkulation. Beeindruckend für ein Boot dieser Länge sind die Dimensionen der Kojen. Wir können uns nicht erinnern, jemals auf einem Boot schon so lange Kojen gesehen zu haben. Das wird große Menschen freuen, da die Kojenmaße meist ein Problem in der Seefahrt sind und daran oft gespart wird.

Staumöglichkeiten sind zahlreich und gut nutzbar vorhanden. Die Tanks für Frisch- und Schwarzwasser sowie Diesel sind gut dimensioniert. Bewegungsraum ist ausreichend vorhanden.

Ausgelegt ist das Boot für eine Besatzung von 7 + 2, also sieben Kojen in drei Kammern und zwei Liegemöglichkeiten in der umgebauten Sitzgruppe im Steuerhaus. Jede Kammer hat eine eigene Nasszelle mit WC und Dusche.

Besetzt man das Boot mit der maximalen Anzahl von Personen, dürfte es recht eng werden. Mit einer Besatzung von sechs Personen fährt es sich sehr angenehm.

Das Boot dürfte auch für einen unerfahrenen Chartergast gut handhabbar sein. Beachtet man die Limitationen, ist das Boot immer gefahrlos zu führen. Der Geradeauslauf allerdings ist seine Sache nicht, es braucht sehr regelmäßige Korrekturen, möchte man nicht „seinen Namen schreiben“. Die Seitenwind-Anfälligkeit muss man beachten, aber die ist nunmal konstruktionsbedingt und dem Komfort in der Unterbringung geschuldet. Der recht breite Bug macht das Fahren gegenan nicht unbedingt ruhig, vor der Welle läuft das Boot wesentlich angenehmer.

Wie bei Charterbooten üblich, ist die Motorisierung so ausgelegt, dass die gesetzlich zulässige Geschwindigkeit für Charterschein-Gäste (12 km/h) nicht überschritten wird. Manchmal wirkt das Boot dadurch beim Manövrieren etwas schwachbrüstig. Gut hingegen ist die Ausstattung mit einer hydraulischen Kraftübertragung auf die Schraube und auf das Bugstrahlruder, welches dadurch im Betrieb zeitlich nicht limitiert ist (wenn man es denn braucht …). Vibrationen sind dadurch so gut wie keine zu spüren. Auch der Geräuschpegel ist im Steuerhaus und auf Deck angenehm niedrig.

Alles in allem können wir sagen, dass das Boot unsere Erwartungen mehr als erfüllt hat. Für den Fall, dass sich noch einmal eine Charter-Gelegenheit ergibt, werden wir diese sicher gern in Anspruch nehmen.

Mitten durch Berlin

Mitten durch Berlin

17 SSK-Mitglieder der Sektion Dreyländeregg trafen sich um 03.00 Uhr bei Meier Reisen in
Arlesheim. Der freundliche Chauffeur konnte pünktlich um 03.30 Uhr abfahren. Trotz des
vielen Gepäcks hat er den Anhänger wieder abgehängt und alles im Bus verstaut und somit
konnte er statt 80 mit 100 km Richtung Zürich fahren.

Zusammenfassung:

24. September 2022 bis 1. Oktober 2022
Organisation: Patricia und Markus Woodtli
43 Teilnehmer
17 aus der Sektion Dreyländeregg
10 Schiffe von Kuhnle-Tours:
9 Kormorane und 1 Aquino
Total Schleusen 5
Total Kilometer 195
Total gefahrene Zeit 27 Stunden

Samstag, 24. September 2022
Wetter in Basel regnerisch / Wetter in Berlin bedeckt und trocken / gefahrene km: 20

Mit einer kleinen Verspätung startete die Swiss-Maschine Richtung Berlin. Dort hatten wir auf dem neuen Flughafen einige Mühe, den Zubringerbus zu finden. Trotzdem waren wir zur rechten Zeit in Zeuthen auf der Kuhnle-Basis. Der Eindruck der Basis zeigte noch Spuren aus DDR-Zeiten. Schon bald kam der erste Höhepunkt: nach einem kurzen Fussmarsch war plötzlich Apéro-Zeit. Alle hatten etwas Hunger und Durst und alle Wünsche wurden erfüllt. Nach der Pause war jetzt plötzlich Smutje-Zeit. Schließlich musste ja noch für eine Woche Frühstück und Apéro eingekauft werden. Der Rewe-Markt war 800 Meter entfernt und auf der Basis hatte es nur zwei Handwagen. Die Bedenken, wegen dem Transport, waren nur kurz, da waren Katja und Albert Singer sowie Beatrice und Jakob Zurbuchen mit ihren Privatautos und haben den Transport teilweise übernommen. Je ein Schiffsführer musste auf der Basis zur Schiffsübernahme bleiben. Pünktlich um 14 Uhr begann die Einweisung durch die Chefin mit zackigem Berliner Charme. Um 15.30 Uhr konnten alle zehn Schiffe ablegen und über den Zeuthener und den Müggelsee beim Wassersportzentrum Berlin Spreepoint um 18 Uhr anlegen. Die junge Hafenmeisterin ist sofort auf einen Kormoran aufgestiegen und hat jedem Boot einen Platz zugewiesen. Um 19 Uhr haben uns Patricia und Markus im Restaurant Bräustübl zum Apéro und Nachtessen erwartet. Danach neigte sich ein langer Tag dem Ende zu und frühzeitig war auf allen Schiffen Nachtruhe angesagt.

Sonntag, 25.September 2022
Wetter: gut, leicht bedeckt / gefahrene km: 26 /Schleusen: 2


Auf unserem Schiff mit dem Namen «Dorsch» gab es zum Frühstück Spiegeleier. Wir hatten Glück, zwei Smutje an Bord zu haben. Zum einen Esthi Wentz, zum andren René Flad. Pünktlich um 9 Uhr startete der Konvoi Richtung Köpenick, Baumgarteninsel, Rümmels-Burger See, Insel der Jugend, auf der Spree durch Ober- und Unterschleuse zur Anlegestelle Schlossbrücke Charlottenburg. Der Schleusenwärter der zweiten
Schleuse war sehr humorvoll, hat er doch über Lautsprecheranlage verkündet, dass er jetzt Pause mache und im Weiteren seien Motoren abzustellen sowie auf das Rauchen zu verzichten. Um 14.20 Uhr wurden die Boote am Steiger vertäut. Jetzt war der Besuch von Schloss Charlottenburg angesagt. Nach dem
Bildervortrag war ein Umtrunk in einem umliegenden Gasthof unumgänglich. Zur großen Freude besuchte uns am Anlieger der Schweizer Botschafter und zeigte großes Interesse an unseren Schiffen. Das
Nachtessen war fakultativ und somit konnte jede Crew nach Wunsch und Laune ein Restaurant aussuchen. Ein großes Kompliment richte ich an die Heizung der Schiffe, bei den kühlen Nächten waren die Radiatoren eine sehr gute Wärmequelle.

Alle zehn Boote am öffentlichen Anleger Charlottenburg
Schleuse Charlottenburg von oben. Alle passen in einem Schleusengang durch

Montag, 26.September 2022
Wetter: sehr gut, mässiger Wind / gefahrene km: 27 / Schleusen: 1

Nach zwei Kilometern Fahrt kam bereits die erste Schleuse und alle zehn Schiffe konnten auf einmal schleusen. Trotz des Rotsignals im Wartebereich für Sportboote sind alle losgefahren, vergebens wartete ich auf eine Belehrung des Schleusenwärters via Lautsprecher. Nach einer gemütlichen Fahrt steuerten wir den Hafen von Potsdam an. Der sehr hilfsbereite Hafenmeister hat für jedes Boot einen Platz zugewiesen. Nach einem oder zwei Ankertrunks fuhr der Bus mit Reiseleiterin vor. Bei der dreistündigen Führung besuchten wir nebst Park Sanssouci und Cecilienhof diverse schöne Gebiete von Potsdam. Die charmante Reiseführerin erzählte nicht nur aus der vergangenen Römerzeit, sondern auch Geschichten aus ihrer Jugend in der DDR-Zeit, welche den meisten noch geläufig ist. Für das fakultative Nachtessen wählten einige das Hafenrestaurant aus. Von außen eher eine Kneipe, aber innen war das Essen, im Wintergarten, perfekt. Beim Dessert er zählte uns Goffredo Lörtscher von seinen Erlebnissen mit seinem Schiffsmotor. Dieses Jahr verzeichnete er so viele Ausfälle, dass er sich entschlossen hat, einen neuen Motor einbauen zu lassen. Seine Anekdoten mit entsprechenden Bildern wird er allen Interessierten bei seinem Referat am Hogg vom 1. Februar 2023 in Basel erzählen.

Am Steg in einer Linie – Marina am Tiefen See Potsdam
3er Pack rechts und 2er Pack links – passt!

Dienstag, 27.September 2022
Wetter: leichter Regen / gefahrene km: 16


Da wir erst um 14 Uhr zum Ablegen bereit sein mussten, nutzten alle die freie Zeit, den Bordvorrat zu ergänzen. Auf der Fahrt über den Templinersee und den Schwielowsee fuhren wir auf der Havel nach Werder. Nach einer kurzen Orientierung der Schiffsführer durch Markus, betreffend der Durchfahrt Berlin-Mitte, war der Apéro angesagt. Das vorzügliche Nachtessen und das sehr freundliche Personal sowie eine (oder zwei) Tröpfchen Fischergeist, rundeten den schönen Tag ab. Nach dem Absacker auf den Schiffen wurden die Lichter gelöscht.

Megapack in Werder, direkt neben dem Fischrestaurant Arielle, wo wir das zweite gemeinsame Nachtessen genossen

Mittwoch, 28. September 2022
Wetter: trocken, leicht bewölkt /gefahrene km: 42

Pünktlich um 9.30 Uhr wurden die Leinen gelöst. Über den großen und kleinen Zernsee und der Postdamer Havel und dem Sacrow-Paretzer-Kanal ging es ostwärts zum Schlänitzsee, Fahrlandersee, Weissersee, Jungfernsee via Havel nach Spandau. Teilweise fuhren wir bergwärts, teilweise talwärts. Durch diese Wechsel war auch die Betonung rot/grün manchmal verwirrend. Es kam vor, dass Schiffsführer auch mal auf der falschen Seite fuhren. Um 14.30 Uhr legten wir, trotzdem unversehrt, bei der Marina Lanke Spandau an. Der ordnungsliebende Hafenmeister wies allen Booten einen Platz zu. Heute war fakultatives Nachtessen angesagt. Wir haben uns für den Italiener entschieden.

Richtung «Berlin Mitte» nochmals durch die Schleuse Charlottenburg

Donnerstag, 29. September 2022
Wetter: bedeckt / gefahrene km: 20 / Schleusen: 1

Noch vor 7 Uhr sind alle Schiffe gestartet. Über die Havel, die untere Spree sind wir auf der Berliner
Spree an unserem Nachtlager Schiffbauerdamm, unweit des Regierungsgebäudes, um 9.30 Uhr angelangt. Wir mussten so früh fahren, weil Berlin-Mitte ohne Funkausrüstung ab 10.30 Uhr nicht befahren werden darf. Jetzt setzte auch der starke Verkehr mit Ausflugsbooten ein. Wehe du kommst ihnen ins Fahrwasser, ich vertraue den Kormorans auf ihre Stabilität, traue aber nicht den Kappenmännern (Wasserschutzpolizei). Auch aufgefallen sind mir die vielen Clochards an den Ufern. Bei den einen bestand die Wohnung aus alten Schachteln, bei anderen aus einem Zelt mit Vorplatz. Ich frage mich, wer glücklicher ist, die am Ufer oder wir, mit Vorschriften übersäten. Da wir sehr nahe beim Kanzleramt und dem Brandenburger Tor waren, war eine Citytour, speziell für die Damen, ein Muss. Wir wollten eigentlich auf den Fernsehturm, um die Aussicht zu genießen, aber 26 Euro Eintritt fanden wir dann doch zu überrissen.

Sieben Kuhnle-Boote am 100 Meter langen Schiffsbauerdamm, unweit des Regierungsviertels

Freitag, 30.September 2022
Wetter: sehr schön / gefahrene km: 37 / Schleusen: 1

Weiter ging’s auf der Spree und auf der Dahme und über den Zeuthener See bis nach Wildau. Anlegen im
Yachthafen Wildau. Der Hafenmeister wies und die Plätze so zu, dass es in der Einfahrt eng wurde. Somit hatten zwei Hafenanlieger an uns Schweizern nicht enorm große Freude. Um 15 Uhr waren alle Schiffe platziert und einige Schiffsbesatzungen legten einen Mittagsschlaf ein. Jetzt stand das große Abschiedsessen auf dem Programm. Das Hafenrestaurant «Villa am See» war nur zwei Steinwürfe entfernt. Während des Apéros erklärten uns Patricia und Markus, wie das morgen mit der Schiffabgabe laufen würde. Ein mitreisender Obmann einer Sektion hat während der Reise für die Organisatoren gesammelt. In einer kleinen Laudatio bedankte er sich, im Namen aller Teilnehmer bei Patricia und Markus. Sie haben nicht nur organisiert und bestellt, nein sie haben uns geführt und waren immer zur Stelle. Für ihr großes Engagement wurde ihnen ein Gutschein eines der größten Jachtausrüster der Schweiz ausgehändigt. In seiner Dankessprache meinte der Sprecher: Bei solchen Organisatoren kommen wir nächstes Jahr wieder.

Letzter Abend in der Villa am See
Fotosujets gibt’s überall – neben und auf dem Wasser

Samstag, 1. Oktober 2022
Wetter: leicht bedeckt, eher kühl

Jetzt kam die letzte kurze Fahrt von Wildau nach Zeuthen. Angekommen auf der Basis, haben die Herren sofort begonnen, das Gepäck aus den Schiffen zu nehmen. Die Damen und Smutjes haben die Boote besenrein gemacht. Nach einer kurzen Wartezeit kam die gleiche Chefin, wie bei der Schiffsübergabe, hat kurz die Betriebsstunden abgelesen und kontrolliert, ob wir nichts vergessen haben. Auf unserem Schiff haben wir prompt einen 12-Volt-Stecker liegen gelassen. Sofort hat sie uns das Objekt übergeben und gefragt, ob am Schiff etwas defekt sei. Da alles so speditiv abgelaufen war, waren wir etwas zu früh und konnten genüsslich eine Pfeife rauchen (Nichtraucher wissen nicht, wie schön das ist). Mit dem Zubringer-Bus fuhren wir zum Flughafen. Jetzt kam wieder das Prozedere wie in Zürich: Isaak Nohara suchen und schauen, wie er das Gepäck aufgibt. Die Billette hatten wir bereits beim letzten Nachtessen erhalten. Nach ein bis zwei Umtrünken und der Einnahme einer Zwischenverpflegung konnten wir den Weg zum Gate in Angriff nehmen. Nach dem Besteigen des Airbus der Swiss haben alle ihren Platz eingenommen. Der Pilot gab durch, dass sich der Abflug wegen dem Gepäck um dreißig Minuten verspätet. Dann wurde vom Personal die obligate kleine Schokolade und eine Flasche Wasser verteilt. Zufällig habe ich von meinem Sitz aus einen Blick aus dem Fenster geworfen und – man glaubt das nicht – da stand ein Förderband und unsere Koffer und kein Mensch, der das ganze bediente. Jetzt haben die Verantwortlichen zwanzig Jahre an diesem Flughafen gebaut, abgeändert, repariert etc. haben aber vergessen, genügend Personal zu rekrutieren. Als endlich das Gepäck verladen war, gab der Pilot bekannt, dass wegen schlechtem Wetter in Zürich weitere dreißig Minuten gewartet werden müsse. Nach einer geglückten Landung haben sich die Basler von den Kollegen und Kolleginnen der östlichen Schweiz verabschiedet und sind per Bus nach Arlesheim gereist.

Fazit
Das war eine sehr schöne Woche. Einen Dank richte ich an alle Teilnehmer für ihre Pünktlichkeit. Wir konnten jeden Tag gemeinsam pünktlich losfahren und fast keiner hat vorausfahrende Schiffe überholt. Danke auch an Köbi Zurbuchen, für seine schönen Luftaufnahmen. Ein riesengroßer Dank richtet sich an die Organisation Patricia und Markus. Macht weiter so, wir kommen wieder.

Text und Bilder Peter Wentz, Goffredo Lörtscher, Jakob Zurbuchen

Törnbericht aus der Zeitschrift Schleusenschiffer 04-2022