Bei der Eröffnung der Schleuse Steinhavel forderte Amtsleiter Dietrich: „10 % vom Investitionshaushalt für kleinere Projekte reservieren“
Mit einem klaren Bekenntnis zur Freizeitschifffahrt ist die neue Schleuse Steinhavel an der Oberen Havel-Wasserstraße (km 64,3) eröffnet worden. Deutliche Worte zur Verantwortung des Bundes für den Erhalt der Wasserstraßeninfrastruktur fanden sowohl die Staatssekretärin im Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Susanne Henckel, als auch der von der Generaldirektion Wasserstraßen entsandte Thilo Wachholz und der Leiter des Wasserstraßen Neubauamtes Rolf Dietrich, dessen Amt den Neubau durchführte.
Die Staatssekretärin im Bundesministerium für Digitales und Verkehr zeigte in ihrer Rede deutliche Wertschätzung für die touristisch genutzten Wasserwege: „Mit der Freigabe senden wir ein wichtiges Signal in die Region, in der die wirtschaftliche Bedeutung des Wassertourismus in den vergangenen Jahren enorm zugenommen hat“, betonte Susanne Henckel.
„Die Obere Havel-Wasserstraße ist in vielerlei Hinsicht ein Magnet: Touristisch ist sie ein Hotspot und ein ebenso belebender und beliebter Erlebnisraum. Hier gehen Mensch und Natur eine Symbiose ein. Damit ist die Obere Havel auch ein überaus wichtiger Faktor für die regionale Wirtschaftsstruktur.“ sagte Baudirektor Wachholz.
In seinem Schlusswort unterstrich Rolf Dietrich den neuen Anspruch des Bundes, auch für die Freizeitschifffahrt da zu sein, noch einmal deutlich, in dem er vorschlug, künftig zehn Prozent des jährlichen Investitionshaushaltes für Wasserstraßen (von etwa 1,3 bis 1,6 Milliarden Euro – Red.) für die Infrastruktur in vor allem touristisch genutzten Revieren vorzusehen. „Seien wir mal ehrlich, dieser Neubau wird 38 Millionen Euro kosten, soviel Geld hat der Bund noch nie in der Region Fürstenberg auf einmal verbaut. Aber im Vergleich zu Großschifffahrtsprojekten ist das eigentlich kaum der Rede wert.“ Er forderte, künftig kein kleines Projekt mehr aufzuschieben, weil ein Großprojekt finanziert werden müsse. Aus diesem Grund sei ein eigener Investitionshaushalt wie ihn der Masterplan Freizeitschifffahrt grundsätzlich vorsehe, absolut sinnvoll. Dietrich unterstrich auch, dass der Bund eben sowohl die Kompetenz für derartige Baustellen habe, als auch rechtlich mehr Handlungsspielraum habe, ein für die Infrastruktur wichtiges Bauvorhaben durchzusetzen, als es kommunale Behörden hätten.
Diese Bekenntnisse wurden an der Oberen Havel und in den Nachbarregionen mit großer Freude zur Kenntnis genommen. Schließlich ist die Obere Havel-Wasserstraße die Verbindung zwischen Berlin und der Mecklenburgischen Seenplatte. Viele der Anwesenden erinnern sich mit Schrecken an die Erneuerung der Schleusenhäupter der Schleuse Zaaren die ohne Vorankündigung vom November 2018 bis April 2020 dauerte und dem Wassertourismus zwischen Elbe und Oder erheblichen wirtschaftlichen Schaden zufügte.
Die neue Schleuse Steinhavel wurde von einer Arbeitsgemeinschaft verschiedener Bauunternehmen unter Federführung des Wasserstraßenneubauamtes Berlin in nur acht Monaten Bauzeit plangemäß fertiggestellt. Bei der Gelegenheit wurde auch gleich die Schleusenkammer auf 11 Meter verbreitert, wie es schon beim letzten Ersatzneubau des Amtes, der Schleuse Fürstenberg im Jahr 2010 der Fall war, so dass eine größere Menge Boote gleichzeitig geschleust werden kann. Die Bauarbeiten an der Staustufe sind damit noch nicht vorbei, das Mühlenwehr muss noch ersetzt werden, eine Bootsschleppe für Paddelboote angelegt und eine Fischaufstiegsanlage gebaut werden, die auch den hier vorkommenden Welsen Platz genug zum Havelaufwärts wandern lässt. Ganz zum Schluss wird noch ein Betriebsgebäude errichtet, in dem dann auch die Technik für die fernüberwachte Selbstbedienung untergebracht wird. Bis dahin wird ein Schleusenwärter vor Ort sein.
Vor der ersten Jungfernschleusung schnitten die anwesenden Ehrengäste symbolisch ein Band durch. (Foto: J. Jablinski)Bekenntnis zum Erhalt der Infrastruktur für Freizeitschifffahrt: Staatssekretärin Susanne Henckel fand klare Worte zur Verantwortung des Bundes. (Foto: J. Jablinski)„Die Obere Havel ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor“ – Dezernatsleiter Thilo Wachholz von der Generaldirektion Wasserstraßen (Foto: S. Feldt)„10 Prozent vom Investitionshaushalt“ – Rolf Dietrich, Chef des federführenden Wasserstraßen Neubauamtes Berlin. (Foto: D. Rockel-Kuhnle)Gleich nach der feierlichen Inbetriebnahme eroberten die Freizeitschiffer ihre neuen Schleuse. (Foto: D. Rockel-Kuhnle)Ein Band und ein Zollstock erinnern an das größte Bauprojekt des Bundes seit 2010 in der Fürstenberger Gegend. (Foto: D. Rockel-Kuhnle)
Seit dem 1. Juni 2022 kann man drei Monate lang mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) für monatlich neun Euro unterwegs sein. Das Ticket habe ich seit einer Woche auf meiner DB-Navigator-App und zur Sicherheit auch ausgedruckt dabei. Damit ich auch am Zielort unabhängig von Verkehrsmitteln mobil bin, habe ich mir ein 20-Zoll-Klapprad zugelegt. Klappräder kann man auf die Maße eines Gepäckstücks verkleinern und neben dem Gepäck verstauen.
Hat geklappt: Das Rad ist im Abteil verstaut.
Für die 9-Euro-Premiere habe ich mir gleich am ersten Tag ein anspruchsvolles Ziel gewählt. Es soll nach Waren an der Müritz gehen und von dort aus mit dem Klapprad durch den Nationalpark nach Rechlin. Vom Hamburger Hauptbahnhof sind erstmal 3,5 Stunden in Regionalzügen zu bewältigen. Um 6:21 Uhr geht es los mit dem RE 1 in Richtung Rostock. Hinter Bad Kleinen öffnet sich der Blick auf den Schweriner See – ein erster Hauch von der Seenlandschaft Mecklenburg-Vorpommerns.
Durchs Zugfenster: der Schweriner See
In Bützow heißt es in den nächsten Zug umsteigen. Bützow wirkt wie ein verschlafenes Netz mit überdimensioniertem Bahnhofsgebäude, in einschlägigen Kreisen eher bekannt wegen seiner Justizvollzugsanstalt. B&B hieß zu DDR-Zeiten nicht Bed & Breakfast, sondern Bützow und Bautzen, klärt mich mein Gegenüber auf. Mit dem Tagesrucksack auf dem Rücken und dem Bike unterm Arm gehe ich durch den Tunnel zum anderen Bahnsteig. Die Fahrt nach Güstrow dauert nur kurz: eine Station weiter ist die Fahrt zu Ende. Die Zugbegleiterin wundert sich: „Heute fahren alle mit dem gleichen Ticket“. Das vereinfacht die Sache für sie enorm: kein Nachlösen wegen der Nutzung eines falschen Zuges außerhalb des Gültigkeitsbereichs der Karte. Verpasst jemand einen Anschlusszug, nimmt man einfach den nächsten. Notfalls mit einem Umweg, ohne auf spezielle Tarifzonen Rücksicht nehmen zu müssen.
Ticket ohne Fallstricke
Ansonsten entgegen allen Befürchtungen: Keine Drängelei, kein Geschiebe, und Platz genug für alle. Und vor allem kein Stress, weder bei den Fahrgästen noch beim Bahnpersonal. Nach kurzer Wartezeit geht es mit dem Regionalexpress Rostock-Elsterwerda via Berlin weiter nach Waren. Um 9:28 Uhr verlasse ich nach gut drei Stunden Reisezeit über drei Etappen die Bahn.
Aussteigen und ankommen
Noch auf dem Bahnsteig montiere ich mein Bike zusammen, aktiviere meine Tracking-App und mache mich auf den Weg zur nächsten freien Bank im Hafen. Ich finde eine vorm Anleger der weißen Flotte. Die Schiffe kommen mit Fahrgästen an Bord bereits von ihrer ersten Tour zurück. Ich hole mein Fresspaket aus dem Rucksack und genieße das Frühstück im Freien, dazu heißen Kaffee aus der neuen Thermosflasche. An den Sportbootstegen liegen etliche Charterboote. An einer Kormoran weht eine Flagge vom FC Schalke 04. Hier hat sich anscheinend ein Fanclub einen Chartertörn anlässlich des Wiederaufstiegs in die 1. Bundesliga gegönnt. Von der Müritz kommend läuft eine private Kormoran in den Hafen ein.
Schnell finde ich ein Hinweisschild zum Nationalparkeingang und radle in südliche Richtung dorthin. Durch Kiefernwald fahrend umrunde ich den Warnker See und erreiche kurz darauf das Dorf Federow mit der aus Feldsteinen gemauerten Kirche. Ein Stück weiter im Ort lohnt der Besuch des Gutshauses, dessen Restaurant und Biergarten ab 13 Uhr öffnen. Auf dem gut ausgebauten Radweg steuere ich auf Schwarzenhof zu. Vorbei am Specker See und dem Hofsee erreiche ich den Ort Speck. Gelegentlich setzt sich eine Grauammer keck auf einen Busch, lässt ihr Gefieder im Sonnenlicht beinahe golden schimmern und nimmt Reißaus, wenn man ihr zu nahe kommt. Einige Kilometer hinter Speck mache ich am Priesterbäker See eine kurze Rast und fotografiere die Seerosen.
Weiter geht es in kurviger Fahrt zwischen den Bäumen durch nach Boek und anschließend zur Boeker Mühle. Von der Brücke blicke ich auf den Bolter Kanal, wo gerade ein Paddler sein Kajak zum Umtragen fertigmacht. Der Bolter Kanal war bis zur Eröffnung des Mirower Kanals im Jahr 1936 der reguläre Schifffahrtsweg zwischen der Müritz und der Havel. Neben der Mühle machte die Bolter Schleuse den Job der heutigen Schleuse in Mirow. Neben Sportbooten verkehrten durch den Bolter Kanal Fahrgastschiffe und Frachtkähne mit Ziegelsteinen aus Zehdenick. In jenen Jahren soll hier Hermann Görings Jagdrevier gewesen sein. Er fühlte sich von dem Trubel auf dem Kanal gestört, was zur Verlegung des Schifffahrtsweges weiter nach Süden geführt haben soll. Das erzählt einer der Müritzfischer, deren Restaurant einen tollen Blick auf die Teiche gewährt.
Die Bolter Mühle
Ich gönne mir ein Brötchen mit geräuchertem Matjes und mache mich gestärkt auf die letzte Etappe zum Hafendorf Müritz in Rechlin-Nord. Nach etwa drei Stunden Radeln erreiche ich den Claassee. Am Travellift begegne ich Erich und Maik. Maik ist der Herr der bei Kuhnle-Tours anfallenden Transporte und hat gerade ein Hausboot am Haken. Erich ist die gute Seele der Einweiser und jedem Stammkunden bestens bekannt. Während wir uns unterhalten, bemerke ich am nagelneuen Rad einen Plattfuß. Gut, dass auf dem Gelände vor einigen Jahren eine Verleihstation von RechlinRad eröffnet hat, die auch Schläuche und andere Ersatzteile im Regal hat.
Zeit für Entdeckungen
Bis es gegen 17 Uhr Zeit für die Heimreise ist, bleiben rund vier Stunden für den Aufenthalt im Hafendorf. Genug für eine Bootstour mit einem Kanu oder Kleinboot (auch diese kann man bei Kuhnle-Tours mieten), einen Besuch im Luftfahrttechnischen Museum nebenan, ein Essen im Captain’s Inn oder einen Drink im Beach Club Pirate’s Bar.
Rückfahrt zeitig einplanen
Die Reparatur ist nach einer halben Stunde erledigt und ich kann den Heimweg antreten. Weil der Nationalparkbus mit Fahrradanhänger nach Waren vor wenigen Minuten die Haltestelle auf dem Gelände verlassen hat, entschließe ich mich, bis zum Bahnhof Neustrelitz weiterzuradeln. Das müsste bis 20 Uhr zu schaffen sein. Der Rückweg führt zunächst bis zu den Fischteichen an der Boeker Mühle. Dahinter zweigt die Radroute nach rechts ab, vorbei am Woterfitzsee, der Zartwitzer Hütte und der Ortschaft Krienke nach Granzin. Kurz vor Granzin stoße ich auf die obere Endstation der Lorenbahn Pagelsee, mit der Paddler ihre Boote über die Straße zum Schulzensee umsetzen können.
Die Lorenbahn Pagelsee zum Umsetzen von Booten
Beide Seen werden von der Havel durchströmt, deren Quelle einige Kilometer weiter nördlich im Bornsee ist. Die Navi-App zeigt an, dass es bis zum Bahnhof in Neustrelitz noch genau eine Stunde dauert. Es könnte knapp werden. Hinter Dalmsdorf führt die Straße unter einer Bahnlinie durch. Das kann nur die Strecke Berlin-Rostock zwischen den Bahnhöfen Neustrelitz und Waren sein. Immerhin ein Orientierungspunkt, dass ich nicht vom Weg abgekommen bin. In Kratzeburg entdecke ich ein Hinweisschild, das zum Bahnhof führt. Ich frage eine Anwohnerin, ob hier auch die Regionalbahnen von Berlin nach Rostock halten. Sie bejaht. Ich bin erleichtert, mir nun den Rest der Strecke sparen zu können. Ich radele zum Käbelicksee hinterm Bahndamm zurück, verspeise meinen Proviant und genieße bis zur Abfahrt des Zuges den Blick auf den See und einen eindrucksvollen Regenbogen.
Schöner Schluss: Regenbogen über Kratzeburg
Wer die Tour einmal selbst radeln möchte, sollte sich als Ziel seiner 9-Euro-Tour den Bahnhof Kratzeburg merken. Für Radler startet hier mit 20 Kilometern die kürzeste Route nach Rechlin. Die Radrouten von Waren und Neustrelitz sind etwa doppelt so lang, aber nicht minder spannend. Wer sich das zutraut und nach den Hinfahrt vom Radeln genug hat, zieht für die Rückfahrt den Nationalparkbus nach Waren in Betracht. Allerdings könnte die letzte Abfahrt die anschließende Rückfahrt mit der Bahn vereiteln. Wer es am selben Tag bis Hamburg schaffen will, sollte den gegen 17 Uhr startenden Bus wählen, damit es mit dem Umsteigen in Waren klappt. Die Bahnfahrt von Hamburg Hbf nach Waren dauert ca. drei Stunden, ab Berlin Hbf sind es ca. 1:45 Stunden.
Nicht nur ein Weg führt zum Ziel
Die Variante mit der kürzesten Radstrecke führt mit dem Regionalexpress vom Startbahnhof nach Neustrelitz und von dort mit der Kleinseenbahn RB 16 weiter bis Mirow. Die anschließende Veloroute erstreckt sich über 14 Kilometer durch Lärz vorbei am Rechliner Flugplatz zum Claassee in Rechlin-Nord. Sie verläuft parallel zum Mirower Kanal, schwenkt hinter Lärz über die Lindenallee vorbei am Luftfahrtmuseum, dem Sumpfsee und der Kleinen Müritz zum Ziel.
Die Radtour durch den Müritz-Nationalpark im Überblick
Über eine Tagestour hinaus können auch Bootscharterer mit Bahn und Bus nach Rechlin reisen und ihr privates Klapprad mit an Bord nehmen. Letzteres wird nach der Ankunft in Waren auf den Fahrradanhänger des Nationalparkbusses gepackt und ab geht’s auf eine spannende Entdeckungsreise durch den Park, an deren Ende die Charterbasis im Hafendorf Müritz liegt.