Jungferntörn mit 69 auf dem Kuhnle-Hausboot in Lothringen

Von Monika und Peter auf einer Kormoran 940

Die Einladung kam so kurzfristig, dass es weder Nachdenken noch Skrupel noch Zweifel an den eigenen nicht vorhandenen Fähigkeiten gab, nur eine spontane Zusage mit viel Optimismus. So kam ich mit Skepsis, Neugier und Lust auf Neues mit meinem Skipper zum ersten Mal auf ein Hausboot mit dem Namen „Chagall“.

Die Anfahrt mit dem Auto am 1. Oktober über Strasbourg klappte gut, war durch den Forêt de Saverne via Lutzelbourg und Arzviller entlang der Marne sogar sehr idyllisch und auf der letzten Etappe auch ausgesprochen entspannend. Ankunft in Niderviller um 11.45 h, also mit viel Zeit für Proviant fassen, Vorbesichtigung der „Chagall“ und Einräumen des Gepäcks.

Das Boot gefiel uns, wir fühlten uns sogleich gut aufgehoben.

Die Jungfern werden ja gerne bespöttelt, dass sie Autos nach der Farbe kaufen. Und ich muss gestehen, dass ich am meisten beeindruckt war von der schönen Inneneinrichtung, ganz besonders von den Knöpfchen, die die Schubladen sicherten gegen Seegang und sonstige Unruhen.

Um 15.00 h gab uns ein sehr höflicher junger Mann eine Einweisung. Nach der Probefahrt, die der Kapitän souverän meisterte, brachten wir den jungen Mann zurück an Land und gingen auf große Fahrt. Ich hatte bereits gelernt, dass es

„Leinen“ heißt, und nicht „Seile“, die Funktion einer Klampe und wie man sie belegt und auch die Begriffe „Steuerbord“ und Backbord“.

Um 16.15 h begann die erste Etappe. Den „Leinen-Los“-Befehl konnte die Hilfsmatrosin fehlerfrei ausführen. Leider musste sie bereits nach ein paar Minuten das Steuerrad selbst in die Hand nehmen und feststellen, dass das Ruder nicht von selbst gerade blieb, sondern ständig justiert sein wollte. Immerhin gelang es ihr schon, herunterzuschalten und das Ruder vor Engstellen rechtzeitig zu übergeben.

Vom ersten Moment an war die Freude groß über das ruhige Gleiten entlang der kleinen Dörfer, die gute Luft und die „Natur pur“ – und diese Freude blieb unverändert bis zum letzten Augenblick auf dem Kanal. Rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit machte die „Chagalle“ in Xouaxange fest (zu deutsch: Schweixingen, über die xxen rätsle ich nach wie vor). Für das Anlegen waren ausschließlich Können und Erfahrung des Kapitäns gefragt und auch notwendig. Leider war das Restaurant montags geschlossen.

Da wir keinen Landstrom hatten, war die Nacht ganz schön frisch, bis der Skipper am nächsten Morge den Motor wieder anließ. Tröstlich waren der gebunkerte Proviant und die gute Ausstattung der Kombüse. Die Zubereitung eines kleinen Abendessens hat richtig Spaß gemacht, rückwirkend hätte ich mir mehr Mut beim Einkaufen gewünscht. Mit dieser Ausstattung hätte ich besser und auch umfangreicher kochen können, auch für eine erweiterte Mannschaft.

Mit unseren Bootsnachbarn, die ebenfalls dort angelegt hatten, gab es noch einen freundlichen Austausch. Der Abend auf unserem Boot klang aus mit guten Gesprächen und Rotwein.

Am Dienstag, 02.10.18, ging es nach einem gemütlichen Frühstück weiter um 09.45 h über Gondrexange bis zur imposanten Schachtschleuse Réchicourt. Dort gab es zwar eine Wartezeit, aber auch Unterstützung durch die Schleusenwärter bei der Passage. Danach war die Schonzeit abgelaufen für die Hilfsmatrosin.

In der nächsten Schleuse kurz nach Bataville mussten wir noch einmal zurück zum Funkmast für den Disponder, da ein Schiff auf unserer Seite und eins aus der Gegenrichtung geschleust worden war. Da hieß es Anlegen, Boot sichern und warten auf grünes Licht. Wenn nur zwei Leute an Bord sind, müssen eben auch beide arbeiten. Learning by doing. Unterhaltung hatten wir von einer Schar Jungkatzen am Ufer, lautstark bettelnd.

Französische Katzen sind Feinschmecker und essen sehr gerne klein geschnittene kalte Pellkartoffeln mit Butterkäse-Stückchen – wenn es nichts anderes gibt.

Mit jeder weiteren Schleuse gelang es der Hilfsmatrosin besser, die blaue Stange zu betätigen, allerdings hatte sie anfangs Panikreaktionen, wenn die Hupen und die Lichter mit der Torbewegung aktiv wurden und griff deshalb leider auch noch dreimal zur roten Alarmstange, bis der Kapitän ein ernsthaftes Machtwort sprach.

Im Hafen Lagarde, dem nächsten Nachtquartier, gab es Strom und Nachtwärme und sehr feines Essen im Restaurant.

Mi 03.10.18: Große Aufregung im Hafen von Lagarde: Die Rückrichtung war gesperrt, weil vier deutsche Rentner ihr Boot in einer Schleuse versenkt hatten und die Schleuse erst repariert werden musste. Da war ich doch sehr froh über den tüchtigen Kapitän der „Chagalle“, das wäre ihm sicher nicht passiert mit seiner ruhigen Umsicht. Also tuckerten wir um 10.15 h weiter Richtung Nancy bis Bauzemont, wendeten dort kurz vor Einville und fanden ein schönes Plätzchen „plage de capitaine“ für die Mittagsrast, danach ging es ohne Rast und Ruh zurück nach Lagarde, Abendessen auf dem Boot, das gute Restaurant hatte leider Ruhetag.

Do 04.10.18: Abfahrt 09.45 h. Für die Einfahrt in die Schachtschleuse aus der anderen Richtung brauchte es viel Mut, denn wir hatten zwar grünes Licht, zu sehen war aber nur ein riesiges schwarzes Loch, sonst nichts.

Auf der Rückfahrt gab es noch zwei Tier-Begegnungen. Ein junges Kätzchen (mit Halsband) stand auf einmal neben dem Steuerrad und wollte blinder Passagier sein, wurde aber gegen seinen Willen von der Hilfsmatrosin wieder an Land gesetzt.

Vor den Kurven im Kanal flog über eine längere Strecke ein Reiher spielerisch vor uns her, immer wieder von rechts nach links und zurück.

Ankunft in Niderviller um 16.30 h. Ein Schweizer Hausboot-Kapitän, den wir bereits in Lagarde kennengelernt hatten, wartete schon und vertäute unser Boot wie auch in Lagarde, er wollte freundlich sein und war es auch. Mit ihm und seiner Frau hatten wir noch einen schönen letzten Abend im „Tannenheim“ beim Abendessen. Dann kam leider auch schon die letzte Nacht auf dem Hausboot.

Ein kurzes Gespräch mit einem Experten am nächsten Morgen war dann doch tröstlich für die Anfängerin im Hausbootfahren und für die Rolle der Frauen an Bord: Nicht alle Männer sind so fehlerfrei und so tüchtig, wie sie sich selbst sehen, manchmal retten ihre Ehefrauen eine ungute Situation während der Fahrt und kommen dann sogar das nächste Mal zurück mit ihren Freundinnen für einen Törn.

So mutig bin ich nicht, aber mit gutem Kapitän und evtl. erweitertem Team gerne wieder dabei.