Einfachfahrt in die Einsamkeit

Einfachfahrt in die Einsamkeit

Eine Überführungsfahrt mit Abstecher in die Templiner Gewässser und dem idealen Boot für zwei

„Also lautet ein Beschluss, dass man Zeit zu zweit verbringen muss!“ – Notfalls an der Schleusenwartestelle der neuen Schleuse Kannenburg

Rendezvouspläne am Küchentisch

Die Situation am winterlichen Küchentisch kennen viele berufstätige Paare: Jeder sitzt vor seinem Kalender und man bespricht die nächste Zukunft. Hier hab ich eine Fortbildung, da gehst du noch mal Ski fahren, da ist Filmkunstfest, hier Weltkanalkonferenz, da die Familienfeier, hier noch eine Messe. „Haben wir eigentlich irgendwann noch mal ein langes Wochenende zusammen zum Bootfahren?“
„Ähem. Also Ostern und das 1.-Mai-Wochenende schon mal nicht.“
„Was ist mit dem Himmelfahrtswochenende?“
„Passt!“
„Okay, dann lass uns wenigstens das blocken!“


Ich habe ein Rendezvous! Okay, nach 24,5 Ehejahren und mit dem eigenen Mann und vier Monate im Voraus geplant, aber deswegen muss es ja nicht weniger romantisch sein. Wo wir hinfahren? Das machen wir so wie immer: Mal gucken.
Mittwochnachmittag vor dem Vatertag soll es losgehen. Sonntag vorher komme ich von einer Geschäftsreise wieder, hupe einmal vor dem Büro um den bei offenem Fenster arbeitenden Gatten vom Schreibtisch nach Hause zu locken. Anderthalb Stunden später kommt er zu Hause an.
„Wir gehen ja am Mittwoch aufs Boot.“
„Öh, ja.“
„Haben wir schon ein Boot? Wo wollen wir den hin?“
„Öh, ja, mal sehen.“
Am Montagmittag erscheint der Gatte in meinem Büro und erkundigt sich, was ich davon hielte, einen Oneway nach Mildenberg zu machen. Es gebe allerdings keine schicke Kormoran, sondern eine kleine vetus 900. An der Müritz lägen sieben Stück davon, deswegen solle eine ab der neuen Basis Mildenberg zu chartern sein

Schnuckelige vetus 900

Die vetus 900 ist ein schnuckeliges Plastikboot mit einer Schlafkabine achtern. Das Doppelbett an der Backbordseite hat für Bootsverhältnisse fürstliche Ausmaße und außerdem gibt es eine Einzelkoje an Steuerbord. Im Salon steht zwischen anderthalb Sitzbänken ein großer Esstisch, es gibt Kühlschrank, eine etwas kurz geratene Küchenzeile und reichlich Stauraum für Boots- und Gemüsekiste im Regal. Das ideale Boot für zwei. Die „Picasso“ ist eine von den zwei Jüngsten vetus der Flotte. Anfang der 2000er waren uns zwei leere vetus-Rümpfe von irgendwoher zugelaufen, die auf der Kuhnle-Werft ausgebaut wurden. So sieht die „Picasso“ von innen mit weißen Flächen und dunklen Holzleisten, den blauen Polstern, den gewürfelten Gardinen und hölzernen Innentüren sehr nach Kormoran aus.
Ich schwelge in Erinnerungen an eine Überführung von der Müritz nach Zeuthen vor 25 Jahren. Damals waren wir – noch unverheiratet – mit nur einem Kleinkind (aber einem weiteren für die kommenden sechs Wochen terminiert) mit einer vetus 900 unterwegs gewesen.
„Na, klar, das wird schön!“ Optimismus war schon immer meine Stärke.

Hektik ohne Bier und Kaffee

Mittwochnachmittag: Nunja, die Schleuse Mirow schließt um 18 Uhr, das schaffen wir ohnehin nicht. So gegen halb sechs brechen wir im Büro auf, erst mal nach Hause Sachen packen, Bootskiste checken und so langsam mal auf der vetus ankommen.
Ich schnappe mir aus dem Hafenbüro schnell eine Runde Bettwäsche und Handtücher, werfe sie an Bord und flitze nach Hause. Im Gegensatz zu meinem früh aufstehenden Ehemann, habe ich noch nicht mal Klamotten zusammengepackt.
Die Bootskiste steht auf der Anrichte in der Küche. In diesem Jahr war sie bereits zwei Mal von den Kindern für Törns mitgenommen worden. Ich entferne zwei Flaschen Handseife (eine reicht) und vier Rollen Klopapier (hatte ich an Bord gesehen) und lege das gute Steiner-Fernglas dazu.
„Wo ist unser Reservekaffee?“ fragt der Gatte.
„Ähm, den hatte ich auf Geschäftsreise mit, den hole ich im Büro aus dem Auto.“
„Wo sind denn die ganzen Bierdosen aus dem Keller?“
„Ähm, die hatte ich auch auf Geschäftsreise mit.“ Ich lächele lieb, um zu vertuschen, dass ich die Dosenvorräte nicht wieder aufgefüllt habe.
Sein Blick ist eine Mischung aus Missbilligung wegen illegalem Angriff auf die Bierreserven und Freude über die sparsame Ehefrau, die lieber Getränke von Zuhause mitnimmt, als unterwegs teuer einzukehren.


Also los!
Zwei Reisetaschen, eine Kühltasche, ein Karton mit Wein, Sekt, die Bootskiste, eine weitere Kiste mit Bier, Wasser, Gemüse und Aufbackbrötchen (sind nur vier Stück deshalb greife ich in letzter Minute noch eine Brötchen-Backmischung aus der Speisekammer), sowie zwei Rucksäcke mit Laptops, Ladekabeln und mein großer Ordner für Kartenkorrekturen füllen den Kofferraum einigermaßen. Die Fahrräder sind schon im Hafen, müssen nur noch an Bord.

Wir werfen das ganze Zeug an Bord, ich fahre den Kombi weg. Während mein Mann unter Deck den Kühlschrank einräumt, stecke ich das Stromkabel aus und mache die Leinen los. Ich checke, ob die vetus vorne noch am Nachbarboot fest ist (ist sie nicht), dann schiebe ich den Gashebel nach vorne. Das Bugstrahlruder verweigert den Dienst. „Hmm, wohl nicht aktiviert“, denke ich, drücke ein bisschen am Fahrstand herum, nichts passiert. „Wir müssen nachher mal nach den Bugstrahler gucken“ rufe ich nach unten und fahre erst mal ohne aus dem Hafen.

Endlich unterwegs!

Später übergebe ich das Steuer zum Bettenbeziehen an den Gemahl. So machen wir es immer, einer räumt, der andere fährt und umgekehrt. Als soweit alles verstaut ist, genießen wir zusammen mit einem alkoholfreiem Bier die Fahrt in den sonnigen Abend. Endlich wieder unterwegs! Herrlich! Mein Mann ist in diesem Jahr zum ersten Mal auf dem Wasser, ich durfte an einem windigen März-Tag bereits einmal eine Gruppe Berichterstatter zur Bergung eines Flugzeugmotors chauffieren.

Endlich unterwegs! Auf der Kleinen Müritz verwöhnt uns die Abendsonne.

Tiefenentspannt kommen wir an der Sportbootwartestelle der Schleuse Mirow an. Mangels Bugstrahler legen wir eher unelegant an – egal, wir haben Hunger und das Essen ist fast zeitgleich fertig.
Bei der Fehlersuche nach dem Essen stellen wir fest, dass auch das Radio nicht geht. Da ich morgens keinerlei Geräusche vertrage, finde ich das lässlich, schade ist aber, dass ich nichts zum Laden an die USB-Steckdose anschließen kann.

Vor uns liegen die vier meist befahrenen Schleusen zwischen der Müritz und Berlin und wir haben gute Chancen, morgen früh schnell durchzurutschen und mit etwas Glück ohne Wartezeit auch die nächste Schleuse zu schaffen. Deswegen verzichten wir darauf, den Kuhnle-Tours-Notdienst anzurufen, wir wollen erst mal Strecke machen, damit wir Donnerstagabend in Fürstenberg sind, denn da können wir am Freitag noch einmal einkaufen gehen. Müssen wir auch, denn neben Brötchen und den scharfen Messern fehlt auch das Spüli aus der Bootskiste. Kann man auch mit Handseife abwaschen?

Brötchenduft in der Schleusenkammer

Ich wache am Himmelfahrtstag um acht auf und schleiche mich in den Salon, heize den Backofen vor und rühre die Brötchen-Backmischung an. Große Vatertagsaktion gibt es bei uns traditionell nicht, aber ein ordentliches Frühstück möcht schon sein. Im Bordbackofen dauern die Brötchen länger als auf der Packung angegeben, so dass wir, als die Schleuse pünktlich um neun Doppelgrün zeigt, ungefrühstückt in die Kammer fahren. Je tiefer wir mit der Müritz-Havel-Wasserstraße sinken, um so mehr steigt mir der Brötchenduft aus dem Backofen in die Nase. Hmjam.

Vatertag mit frisch gebackenen Brötchen aus dem Bordofen.

In der Schleuse stellen wir fest, dass wir unsere bewährte Schleusentechnik ändern müssen. Eigentlich stehe ich meist achtern mit der Leine in der Hand, um das Boot hinten zu sichern. Das hat den Grund, dass mein Mann ja den Bug, sollte ein Windstoß ihn zur Seite pusten, immer mit dem Bugstrahlruder zurück auf Linie bringen kann. „Es ist besser, wenn du vorne stehst“, weist der Gatte mich jedoch heute an, dann könne er das Heck mit eingeschlagenem Ruder und einen kurzen Stoß voraus an die Kaimauer ziehen.
Schon in der nächsten Schleuse bringt uns diese Veränderung nach 26 gemeinsamen Jahren auf dem Wasser einen ebenso giftigen wie kräftigen Anranzer eines vor uns fahrenden jungen Sachsen ein. Wir sollten doch bitte unseren „Scheiß-Kahn“ (seine Worte, dabei ist unsere vetus ein feines Bötchen) auf Abstand halten, werde ich unvermittelt angebrüllt. Wir waren tatsächlich ein bisschen dicht an dem schicken Gleitboot amerikanischer Herkunft dran – jedoch weit von einer Berührung entfernt – und ich hatte bereits leise nach achtern meinen Mann gebeten, einen Poller weiter hinten zu nehmen. Naja, wir wollen nicht nachtragend sein, die Sonne schien bereits warm vom Himmel und in dem pechschwarzen Jogginganzug im Partnerlook hätten wir uns auch unwohl gefühlt.

In einem Rutsch nach Fürstenberg

Wir können unser Glück nicht fassen, so schnell kommen wir durch die Schleusen Diemitz, Canow und Strasen durch. Für Himmelfahrt ist wirklich erstaunlich wenig los. Deshalb beschließen wir, bis Fürstenberg durchzufahren, bevor wir irgendwo auf den Notdienst warten und dann nachher doch beim Schleusen Schlange stehen müssen.
Es ist nicht mal 16 Uhr, da legen wir am Fürstenberger Yachtclub an, melden uns beim Hafenmeister und klauben Ein-Euro-Stücke zusammen, die wir für die Stromversorgung und am nächsten Morgen für die Dusche an Land benötigen. Das Duschen ist hier übrigens echt fair geregelt: Man zahlt einen Euro für ein paar Minuten Warmwasser. Unterbricht man den Wasserstrahl aus der Dusche, stoppt auch der Zähler, so dass man nach einem Euro auch sauber und ohne Schaumreste fertig ist.

1-Euro-Münzen für Strom und faire Duschen: Unsere vetus 900 „Picasso“ am Steg des Fürstenberger Yachtclubs.

Mit Buch und einem Glas Sekt mache ich es mir auf dem Achterdeck gemütlich. Silvio Kraballe ist wahrscheinlich der meistgelobteste Kuhnle-Tours-Mitarbeiter. In der Saison ist er der Gelbe Engel von Kuhnle-Tours. Wo auch immer ein Boot ein Problem hat, versucht er zunächst am Telefon zu helfen – oft sind es nur Kleinigkeiten oder Bedienungsfehler. Er hat die Gabe, sich ebenso ruhig wie präzise ausdrücken zu können, so dass viele Chartercrews nach seiner Anweisung von selbst wieder flott werden. Und wenn nicht, kommt er mit seiner fahrenden Werkstatt dahin, wo das Boot ist. Notfalls pumpt er ein kleines Schlauchboot auf und paddelt zum Boot.
Gegen 17 Uhr taucht er mit seinem Werkzeug in einem kleinen Wägelchen am Steg auf, schwingt sich an Bord und steigt in die Tiefen des Motorraums herab. Die Kontakte der Elektrik zum Motor, so erklärt er uns später, korrodieren mit der Zeit. Zuerst gibt es Wackelkontakte, dann geht irgendwann nichts mehr. Nach einer halben Stunde sind die Kontakte wieder blank und reden miteinander, das Bugstrahlruder geht wieder, leider auch das Radio.
Zum Abendessen spazieren wir 500 Meter in den Templiner Hof. Ein Gasthaus, dass direkt an der B 96 liegt, aber einen schönen ruhigen Biergarten hat und einen Koch, der gerne frische Zutaten verarbeitet. Es ist Mai, also bestellen wir von der Spargelkarte und bereuen es nicht.

Genießen in Fürstenberg: Aperol Spritz und Hähnchencurry mit Spargel im Templiner Hof.

Einkaufstour mit Draht- und Packesel

Am Freitag beschießen wir, das der naheliegende Netto-Markt mit Bäcker und Fleischer so dicht ist, dass es sich nicht lohnt, beide Fahrräder an Land zu hieven. Wir könnten ja unsere Einkäufe in einer Tüte verstauen und an den Lenker des leichteren Fahrrads hängen. Nachdem mein Mann mir versichert, dass ich nicht neben ihm herjoggen müsste, verzichte ich auf mein Fahrrad, genauso wie auf den dort angebrachten Fahrradkorb und den Gepäckträger. Seufz.
Es kommt wie es kommen musste: Die prall gefüllte Einkaufstasche scheuert am Vorderrad, ich balanciere ein Sixpack Bier unter dem einen Arm und einen neuen Fahrradsattel (gabs gerade beim Discounter) unter dem anderen und wache dabei mit Argusaugen über ein Schälchen Erdbeeren für den Nachtisch, das ganz oben in der Einkaufstasche liegt.

Jetzt wird es enger: Obertor der Schleuse Bredereiche an der Oberen Havel-Wasserstraße

Bis zur nächsten Schleuse haben wir ein Stück Havel vor uns und den schönen Stolpsee zu überqueren. Dann wird es enger und in schneller Reihe passieren wir die Schleusen Bredereiche, Regow, Zaaren und Schorfheide. Wir folgen der Havel durch dichte Wälder, manchmal auch an weiten Feldern entlang. Der Fluss krümmt sich mal hierhin mal dahin, von Entgegenkommern sieht man erst nur das Verdeck über das Schilf herausragen. Den Autopilot einstellen und die Hände vom Steuer nehmen wie auf dem Mittellandkanal, das läuft hier nicht. Was für ein Gekurbel!

Was für ein Gekurbel! An der OHW ist Kurvenfahrt angesagt.

Kurbelfahrt ins neue Revier

Gleich unterhalb der Schleuse Schorfheide geht es links ab in die Templiner Gewässer. Sieben Jahre war nach einem kurzen Stück Kanal und dem Großen Kuhwallsee die Fahrt zu Ende, denn die Schleuse Kannenburg in der Verbindung zwischen Kuhwallsee und Lankensee war zuerst wegen Baufälligkeit gesperrt, dann wegen Bauarbeiten. Die gingen im Herbst 2023 zu Ende und die Schleuse ging für ein paar Wochen in Probebetrieb. Ende April 2024 erfolgte die offzielle Wiedereröffnung des schicken Neubaus mit Staatssekretärin und großem Bahnhof.

Die neue Schleuse Kannenburg empfängt uns mit grünen Lichtern …
… und einer eigenwilligen Interpretation des Baujahrs. Erste Inbetriebnahme der Schleuse war im Herbst 2023.


Als wir uns der Schleuse nähern, sehen wir gleich rechts am Untertor die in Beton gegossene Jahreszahl 2022. Tja. Mag sein, dass dieses Betonteil 2022 gegossen worden ist. Die Schleuse war definitiv später fertig. Still und umkompliziert lässt sich das gute Stück trotzdem bedienen. Ein großes Display informiert über den Fortgang der Schleusung.

Templin: Für Bootfahrer geschlossen?

Für heute ist der Stadthafen von Templin unser Ziel. Der hatte in der Sperrzeit einen Betreiberwechsel und wurde fast komplett erneuert. Wir freuen uns nach der schicken neuen Schleuse auf einen schicken neuen Hafen und einen abendlichen Bummel durch die schöne Altstadt von Templin. Doch als wir unter der überdachten Pionierbrücke (es ist keine Pionierbrücke, die heißt nur so) hervorkommen und den Bug nach Steuerbord richten, sehen unsere Augen eine schöne neue Steganlage – aber mit Flatterband abgesperrt. Ganz zum Land hin liegt ein Boot quer in der Box, dahinter sehen wir ein Grüppchen nett beisammen sitzen. Wir nähern uns langsam.
„Können wir hier anlegen?“
„Nee.“
„Wo können wir denn anlegen?“
„Gar nicht.“

Anlegen ist nicht. Stadthafen Templin.

Hmpf. „Hausbootferien abseits vom Trubel“ – unter diesem Motto haben wir auf der boot in Düsseldorf, im Katalog, in Pressemitteilungen, auf Facebook und Instagram für die Templiner Gewässer die Werbetrommel gerührt. Soo abseits sollte es denn auch wieder nicht sein.
Wir gehen an den Fahrgastanleger nebenan. Der hat zwar ein hohes Geländer und keinen Stromanschluss, aber irgendwie werden wir das Boot da schon festgebunden kriegen. An dem Geländer prangt ein Schild: „Anlegen nur nach Rücksprache mit dampfer-templin.de.“
Ein paar Meter weiter liegt ein zur Ferienwohnung umgebautes Fahrgastschiff mit Gästen vorne drauf.
„Können wir hier anlegen?“
Eine freundliche Gästin steht auf und nimmt unsere Festmacherleinen an.
„Joar, wer soll schon wat dagegen ham?“
„Ich hab die Handynummer auf der Webseite gefunden“, melde ich meinem Gatten. „Soll ich da anrufen und das klar machen?“
„Nee, lass mal lieber. Nachher schickt der uns weg.“
Wir machen uns landfein, klettern über das Geländer und schlendern an der Stadtmauer entlang zu einem netten italienischem Restaurant.
Am nächsten Morgen werden wir vom glücklicherweise nur ganz leicht angefressenem Fahrgastschiffer vor dem ersten Frühstückskaffee auf das Schild aufmerksam gemacht. Wir besänftigen ihn mit der Frage, was er uns denn nun für das Anlegen berechnen müsse, worauf er ohne mit der Wimper zu zucken (und ohne eine Quittung anzubieten) „40 Euro“ sagt.
Gleich nach dem Frühstück legen wir ab.

Fahrgastanleger Templin: Kletterpartie zum Italiener

Zwischen Seerosen und zauberhaften Seen

Vom Templiner See aus sind noch vier weitere Seen zu erreichen – einer schöner als der andere. Open Sea Map zeigt sogar noch nette kleine Kanälchen an, die zu weiteren Seen führen, einer führt im Norden des Gleuensee nach Osten und entpuppt sich als eine schmale Rinne, komplett mit Seerosen und Schilf zugewachsen. Gleich daneben ist eine Anlegestelle, die aussieht wie eine ehemalige Verladestelle. Keinerlei Verbotsschilder sind zu sehen, ein Anleger für Abenteuerlustige also. Ein paar Meter weiter westlich ist eine Badestelle, der westlichste Zipfel des Sees ist für motorisierte Fahrzeuge gesperrt.

Nordende Gleuensee. Ehemalige Verladestelle?
Zwischen Bruchsee und Gleuensee: Das ist die breite, hohe Brücke!
Durchfahrtshöhe 3,71 Meter: Brücke zwischen Bruchsee und Fährsee

Anleger für Abenteuerlustige

Wir drehen um und erreichen über den Bruchsee und unter einer ebenso niedrigen (3,71 m) wie engen Brücke hindurch den Fährsee. Neben einer Wasserskistrecke gibt es hier eine weitere Anlegemöglichkeit: das Hotel Fährkrug. Das Hotel selbst ist ein Neubau aus den 90er Jahren, das in beeindruckend schöner Lage am See mit eigenem Badestrand liegt. Es gibt zwei Stege, an einem liegt ein Charterboot, den anderen nehmen wir. In der Mitte des Kopfstegs der ansonsten leeren Anlage sehe ich eine Edelstahlklampe blitzen. Nicht eben ein solider Poller, aber in dieser Ecke weht kein Lüftchen, also springe ich auf den Steg und schlinge die Vorleine um die Klampe. Und habe ein Brett des hölzernen Stegs in der Hand. Upsi!
Das Brett löst sich komplett. So schlinge ich den Festmachter um den darunter liegenden soliden Stahlträger, hinten hat mein Mann einen Dalben eingefangen. Wir kämmen uns die Haare, ziehen ordentliche Schuhe an und gehen durch den Garten auf das Hotel zu.

Anlegesteg für Abenteuerlustige des Hotels Fährkrug am Fährsee.
Fast leere Steganlage des Fährkrugs.


Wenn man die Anlage mit Wohlwollen betrachtet, fällt der Pflegezustand der Außenanlagen unter „naturnaher shabby-chic.“ Auf der Terrasse stehen jedoch einladende und saubere Gartenmöbel, ein Tisch ist besetzt. Wir setzen uns in die Sonne, werden schnell und freundlich in Empfang genommen und mit einer Kleinigkeit zu Essen und zu Trinken versorgt. Die Soljanka ist reichhaltig mit Einlagen versehen, der Salat knackig, frisch und lecker und das Bier ist kalt und spritzig. Auch das, was beim Nachbartisch auf den Tellern ankommt, sieht gut aus. Nach dem Imbiss gehen wir noch mal nach Innen. Hier ist alles sauber und ordentlich, könnte aber auch mal einen Hausmeister gebrauchen, der Kleinigkeiten repariert. Seitdem ich den Törnplaner mache, kenne ich das Hotel, das immer wieder freundlich aber bestimmt abgewunken hat, nein danke, man möchte nicht im Törnplaner erscheinen. Schade.
An der Wasserskistrecke entlang tuckern wir auf der Suche nach einem weiteren Kanal, den ich als gesperrtes Gewässer eigetragen habe. Und richtig: Eine rot-weiß-rote Tonne (oder war es eine Schild?) versperrt die Einfahrt. Wir richten den Bug nach Süden um uns einen gemütlichen Ankerplatz für die Nacht im Zaarsee zu suchen.
Bei dem gemütlichen Getucker habe ich genug Zeit, den neuen Sattel an meinem alten Fahrrad anzubauen und wieder abzubauen und mit einem Ersatzteil vom alten Sattel wieder anzubauen, damit die Neigung des Sattels zu meinem Körper passt. Glücklicherweise hatte ich Fahrradwerkszeug eingesteckt, weil ich auch bei dem alten Sattel die Neigung verändern wollte.

Zwitschern, tschilpen und Kaltwasser-prusten

Im letzten Winkel des Sees außerhalb von Schilfgürtel und Seerosen lassen wir den Anker fallen und stellen den Motor aus. Stille? Von wegen! Hier zwitschert es, da tschilpt was, es kräht, krächzt, piept, schnattert und raschelt. Kurz: Die Natur haut alles an Geräuschen heraus, was geht. Andere Menschen oder gar Boote sehen wir nicht. Nach dem Essen wird es langsam schummrig, ich zünde eine mitgebrachte Kerze an. Noch romantischer kann es jetzt nicht werden.

Der Sonntagmorgen begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Nach dem ersten Frühstückskaffee im Bett (es ist Muttertag!) nehme ich allen Mut zusammen und ein Handtuch und klettere die Badeleiter herunter in den Zaarsee. In der ersten Minute japse, pruste und ächze ich in dem doch überraschend kaltem Wasser, dass die Vögel um uns herum verstört verstummen. ,Naja, eine Runde ums Boot wirst du schon überleben,‘ denke ich. Nach der zweiten Runde: ,joar, fünf Minuten hältst du wohl aus.’ Am Ende schwimme ich laut meiner Taucheruhr von Garmin über 800 Meter in einer guten halben Stunde.

Wenn man sich erst mal dran gewöhnt hat, ist das Wasser herrlich. Ich schätze den See auf um die 15 Grad, leider misst meine Uhr die Wassertemperatur nur bei Tauchgängen, ich müsste also vom Boot aus ins Wasser springen und ein paar Meter runter kommen. Das ist mir denn doch zu frisch. Und der Templiner Pegel hat leider keinen Temperaturanzeiger.


Um die Mittagszeit holen wir den Anker hoch und trödeln im strahlenden Sonnenschein durch die beiden Schleusen Templin und Kannenburg die Obere Havel-Wasserstraße zu Tal in Richtung Mildenberg. Auch hier krümmt sich der Fluss mal rechts, mal linksrum gen Süden. Abwechselnd steuern wir und wurschteln unter Deck unser Zeug zusammen, waschen ab, räumen die Schränke wieder ordentlich ein, ziehen die Betten ab, rollen die im ganzen Boot verteilten Ladekabel auf, sortieren den Müll, damit wir bei der Ankunft im neuen Hafen im Ziegeleipark nur noch umladen müssen und unser Transferfahrer nicht warten muss.
Still erreichen wir einen Liegeplatz, stecken den Strom ein, rollen die Festmacher zu Schnecken auf und heben unser Zeug über die Reling. Nach einer guten Stunde Fahrt kommen wir zu Hause an der Müritz an, trinken noch ein kleines Sonnenuntergangs-Bierlein. Für den Sonntagskrimi sind wir jetzt echt zu müde.

Interview mit @jenny_rosa_pusteblume – Hausbooturlaub mit der Kormoran 1140

Interview mit @jenny_rosa_pusteblume – Hausbooturlaub mit der Kormoran 1140

Die Bloggerin @jenny_rosa_pusteblume war im Juli mit einer Kormoran 1140 ab Hafendorf Müritz Richtung mecklenburgische Seenplatte unterwegs. Wie es ihr als Hausboot-Neuling ergangen ist und welche hilfreichen Tipps Sie für einen Hausbooturlaub mit Kindern und Hund hat, erfährst du in diesem Interview:

Kannst du dich für unsere Leser einmal vorstellen?

Ich bin Jenny und lebe mit meinem Mann und unserer kleinen 4 jährigen Tochter Rosalie am Stadtrand vom Großstadtdschungel Berlin. 2016 gaben mein Mann und ich uns an der Uckermark unter einem Apfelbaum auf unserer Scheunenhochzeit mit all unseren Liebsten das Ja-Wort, 2 Jahre später kam unsere kleine Tochter zur Welt. Aktuell bin ich auch schwanger und wir erwarten im Dezember unser 2. kleines Wunder.

Wie bist du zu Social Media gekommen?

Ursprünglich nutzte ich Social Media um mich mit der Familie und Freunden zu vernetzen und ab und an ein Update aus unserem Leben zu Posten – Urlaubsbilder etc. Mit der Hochzeit , den Vorbereitungen und Basteleien dazu und der darauffolgenden Schwangerschaft wuchs die Community und es kamen stetig neue Gesichter dazu, die uns bis heute begleiten. 

Wann warst du mit KUHNLE-TOURS unterwegs und mit welchem Hausboot?

Im Juli begann unser fünf-tägiges Hausboot Abenteuer auf der Kormoran 1140.

Mit wem warst du während des Törns unterwegs?

Wir waren 4 Erwachsene und 2 Kinder. Mein Mann, unsere kleine Tochter und ich. Meine Schwester, ihr Mann, ihre 11 jährige Tochter und der Jack Russel Willi waren ebenfalls an Bord.

Was war dein persönliches Highlight während des Törns?

Es ist eine intensive entschleunigende Zeit mit der Familie mit vielen verschiedenen Abenteuer. Wir haben auf dem Hausboot den Geburtstag meiner Schwester gefeiert das war mein persönliches Highlight. 

Wie war es, als Hausboot-Neuling zu starten? Gab es Herausforderungen? Wie kamt ihr mit dem Hausboot zurecht? Gab es Dinge, über die du überrascht warst?

Für mich war die Herausforderung das An- und Ablegen des Bootes und das Schleusen. Am Anfang war es sehr aufregend das Boot an den Steg heran zu manövrieren, jeder an Bord wird dafür benötigt und am Ende ist man stolz auf seine gemeinsame Teamarbeit, wir wurden bei jedem Mal besser. 

Wie gestaltete sich ein Hausbooturlaub mit Kindern? Worauf sollte man deiner Meinung nach achten? Welche Empfehlungen würdest du deinen Zuschauern geben, wenn diese eine Hausbootfahrt machen möchten?

Ein Hausboot ist aufregend, es ist mal etwas ganz anderes als ein „normaler“ Urlaub und dementsprechend auch aufregend für die Kinder. Je nachdem wie alt die Kinder sind und ob sie schwimmen können oder nicht, gibt es auch entsprechende Dinge worauf ich persönlich achten würde. 

Hier einige Tipps auf die ich achten würde: für das An- und Ablegen benötigt man alle helfenden Hände an Bord, zumindest 2 Personen – Man sollte sich die Frage stellen, ob sich die Kinder während dieser Zeit sicher alleine im Boot beschäftigen können.

Bei Regenwetter lohnt es sich genügend Spielzeug und Ablenkung mitzunehmen, denn wenn man nicht gerade anlegt, braucht man auf dem Boot Beschäftigung. Wir haben Activity etc. gespielt und es hat furchtbar viel Spaß gemacht. 

KUHNLE-TOURS bietet verschiedene Bootstypen an, unser Kormoran hatte viele Treppen nach oben ans Deck, nach unten in die Küche und Kabinen. Zum einen bedeutet dies kleine Hürden um ans Wasser zu gelangen 😉 aber zum Anderen auch Stolperfallen. Je nach Bedürfnis sollte man sich überlegen, ob man solch ein Boot mit vielen Treppen oder ein Febomobil das ebenerdig ist, wählt. 

Im Kapitänshandbuch von KUHNLE-TOURS gibt es hilfreiche Tipps für Familien sowie aufgestellte Regel-Ideen. Definitiv sollte man mit den Kindern vor Fahrtantritt Regeln aufstellen z.B. Während der Fahrt wird bei Nicht-Schwimmern eine Weste getragen. Nach draußen geht es nur in Begleitung eines Erwachsenen etc.

Wie war ein Urlaub auf dem Wasser mit Hund? Hast du Tipps?

Einen Hund ist es ja meist egal wie groß das „Haus“ ist, da er sich nur bei seinem Herrchen/Frauchen aufhält, solange er genügend Auslauf bekommt. Mein absoluter Tipp worauf man nicht verzichten sollte ist es ein SUP oder Beiboot mitzunehmen, denn wenn man nicht anlegt sondern auf einem See ankert, muss man dennoch mit dem Hund irgendwie an das Land für den nötigen Auslauf gelangen und dafür ist solch ein SUP das perfekte Taxi. 

Was darf in der Reisetasche auf keinen Fall fehlen?

Deko. 😂 Ich versuche es den Kindern immer so heimisch wie möglich zu machen, die Kabinen dekorierte ich mit Wimpel- Lichterketten und Nachtlichtern. 

Neben den normalen Reiseequipment wie Sachen, Kosmetik, Unterlagen, Apotheke empfiehlt es sich genügend Essen und Trinken und Powerbanks mitzunehmen. 

Weitere Eindrücke von der Reise findest du hier.

„Sie haben bestanden!“

„Sie haben bestanden!“

Pandemietrubel, Krieg und Inflation – das sind Begriffe, die die letzten Jahre geprägt haben. Doch für mich gab es auch noch positive Highlights in den vergangenen 3 Jahren: Ich habe mein Abitur bestanden, kurz darauf meinen Führerschein und dann ging es schon mit meiner Ausbildung zur Kauffrau im E-Commerce in Mecklenburg-Vorpommern bei KUHNLE-TOURS – 350 km entfernt von meinem Heimatort.

Hier bekam ich Einblicke in die Arbeit der Reservierung, des Backoffice und des Einkaufs. Die meiste Zeit verbrachte ich in der Abteilung des Marketings & E-Commerce. Hier lernte ich, Produkttexte zu schreiben, Hintergrundeinstellungen im Hotelsystem vorzunehmen, die Onlinebuchung zu pflegen und vieles mehr. Auch der Wechsel des Anbieters der Onlinebuchung gehörte zu meinem Verantwortungsbereich und wurde letztlich zu meinem Thema der mündlichen Prüfung. Dieser Prüfung vorangingen drei schriftliche Prüfungen und am Ende der mündlichen Prüfung war es dann geschafft: Ausbildung erfolgreich bestanden.

Eine kleine Überraschung zur bestandenen Prüfung von meinem Freund.

Ich, an meinem Prüfungstag!

Gleich am nächsten Tag war dann auch schon mein erster Tag als Fachangestellte für E-Commerce bei KUHNLE-TOURS. Auch wenn ich hier meine Ausbildung gemacht habe, war es noch mal ein anderes Gefühl, nun ausgelernt herzukommen. Denn neben vielen Glückwünschen brachte das auch viele Vorteile mit sich: flexible Arbeitszeiten und Homeofficetage. Das bedeutet: Zeitig anfangen zu arbeiten, um am Nachmittag den Sommer zu genießen!

Dafür ist natürlich der Standort im Hafendorf Müritz hervorragend geeignet: Direkt an der Müritz gelegen, bietet es sich an, seine Freizeit auf dem Wasser zu verbringen. Egal, ob SUP fahren, baden, sonnen oder Boot fahren – alles ist möglich. Teilweise gehört das aber auch zu meiner Arbeit, denn als E-Commerce Kauffrau bin ich unter anderem für die Contentproduktion zuständig und so heißt es ab und an „wir brauchen neue Fotos von Boot XY, organisiert mal eine Ausfahrt!“. Und so geht es dann mit dem ganzen Team an Bord. Da wir im Marketing/E-Commerce ein sehr junges Team sind, machen diese Ausfahrten natürlich auch ordentlich Spaß.

Ansonsten habe ich sehr ähnliche Aufgaben wie während meiner Ausbildung. Ein momentanes Projekt ist z. B. der Relaunch der Webseite (neues Design, neue Struktur, neuer Content, …). Bei KUHNLE-TOURS habe ich jetzt nach meiner Ausbildung die Möglichkeit, verschiedene Weiterbildungen zu belegen und somit ständig mein Wissen auszubauen.

(Hast du auch Lust, in so einem freundschaftlichen Team zu arbeiten? Dann bewirb dich jetzt!)

Mein peinlichstes Schleusenmanöver

Mein peinlichstes Schleusenmanöver

Eine Geschichte aus dem Nähkästchen von Harald Kuhnle
(Geschäftsführer KUHNLE-TOURS)

Der übermütige Start

Es war der Vorabend von meinem Geburtstag, wir waren spät dran als wir an einer Außenbasis in Frankreich für unsere geplante Bootsfahrt ankamen, also haben meine Frau und ich unser Gepäck und die Kinder an Bord geworfen, sind noch fix in den Supermarkt nebenan gestürmt und haben dann schnell abgelegt, um die erste Schleuse noch zu schaffen. Da es schon auf 19 Uhr zu ging, sagte meine Frau, dass sie schon mal die Betten für die Kinder (damals sechs und zwei Jahre alt) fertig machen wolle, ich solle sie rufen, wenn ich Hilfe in der Schleuse brauchte. Ich sagte das, was Männer immer in solchen Fällen sagen: „Geht klar, ich regel das!“ Die Große könne mir ja beim Schleusen helfen.

Der Tag danach

Am nächsten Morgen riefen mich die Mitarbeiter aus dem Stuttgarter Büro an, angeblich um mir zu Geburtstag zu gratulieren. Aber vor allem äußerten sie ihr Mitgefühl über unser Schleusenpech! Erst nach dem Urlaub fand ich heraus, wie der Buschfunk über Nacht zwischen Frankreich und Deutschland funktioniert hatte: Eine der einheimischen Reinigungsfrauen der Basis war ausgerechnet mit dem Schleusenwärter verheiratet, der ihr abends erzählte: „Heute hat dein Arbeitgeber wieder einen besonders bekloppten Kunden geschickt, na, nun hat er einen Festmacher weniger an Bord.“

Fazit

Jeder hat schon Dinge erlebt, die man gleich nach der Tat am besten für sich behalten hat und die man auch 20 Jahre später erst nach dem vierten Bier erzählt. Ist so. Und glauben Sie mir: Das, was unseren Chartercrews passieren kann (wie mit dem Beiboot sinken, Ankerhebel versenken, sowie Grundberührungen aller Art) ist mir auch schon alles passiert. Was wäre ein Skipperleben ohne Pleiten, Pech und Pannen? Langweilig. Wichtig ist das rheinische Motto, dass ich in über vierzig Jahren, die wir nun schon auf der „boot“ in Düsseldorf ausstellen, verinnerlicht habe: „Et hätt noch immer jot jejange.“

Wir sehen uns auf dem Wasser!

Ihr Harald Kuhnle

Kormoran 940 Tour Kleinseenplatte im Mai 2023

Kormoran 940 Tour Kleinseenplatte im Mai 2023

Angeregt durch Freunde und inspiriert von den genüsslichen Fotos des Kormorans entschieden wir uns im Mai diesen Jahres zu einer einwöchigen Hausbootstour auf der Mecklenburgischen Kleinseenplatte. Dem Polen hoch sei Dank hatten wir exzellentes Bootswetter (im Gegensatz zum Dauerregen in unserer Heimat in Süddeutschland).


Unsere Bootsvorerfahrung mit einer Penichette in Holland ließ unsere Wahl diesmal auf einen Bootstyp mit Bugstrahlruder fallen. Was sich wirklich als sehr vorteilhaft erwiesen hat. Kurz gesagt, wir waren als Paar mit unserem Kormoran rundum glücklich – tolles Rundumpanorama im kombinierten Küchen-wohnzimmer mit Innensteuerstand, kühles ruhiges Schlafzimmer im Heck, Außenwarmdusche nach dem kühlen Bad von der Heckterasse aus, luftiger Außensteuerstand und Hochterasse zum Entspannen am Abend. Alles prima eingerichtet und mehr als ausreichend Platz für 2 Leute.


Das fahren war das reinste Vergnügen und auch im Umgang mit den Schleusen oder dem Einparken bekamen wir im Lauf der Woche immer mehr Übung und vor Allem in den netten, besuchten Marinas immer freundliche Unterstützung von anderen Freizeitkapitänen oder dem Hafenmeister.


Die Kleinseenplatte ist angefangen von Rechlin, über Mirow, Neustrelitz, bis nach Fürstenberg das reinste Naturparadies, was wir in Deutschland für nicht mehr möglich gehalten hätten. Näher dran als mit dem Boot kann man eigentlich nicht mehr sein. Wunderbare Birken-Erlen-Bruchwälder, Schilfgürtel, Heidelandschaften, die junge Havel, eine abwechslungsreiche Mischung aus Seen, Fluß und Kanal, sowie hübsche kleine Städtchen ließen keine Minute Langeweile aufkommen. Für den Ohrenschmaus sorgten verschiedenste Vögel vom Morgengrauen bis in den Abend, sonst war fast nur das gleichmäßige Tuckern unseres Motors und das Plätschern des Wassers zu hören. Und natürlich kam auch der Gaumenschmaus nicht zu kurz. Ein ausreichend großer Kühlschrank machte uns unabhängig vom etwaigen Einkaufsmöglichkeiten unterwegs und immer wieder lockte eine Station der Müritzfischer zu frischen Fisch-Köstlichkeiten.


Abends im Hafen kam es immer wieder zu netten Begnungen. Es herrschte überall eine sehr offene, kamaradschaftliche Atmosphäre. Erstaunlich, wie weit man in Norddeutschland per Boot fahren kann und was man dabei so Tag für Tag alles in unserer Heimat erlebt.


Kurz und knapp: Entschleunigung pur, in herrlicher Landschaft mit einem wunderbaren Gefährt, was uns ganz neue Welten erschließen ließ. Für Naturliebhaber außerhalb der Saison ein MUSS!

Spätsommertörn mit einer Aquino auf der Seenplatte zwischen Müritz, Neustrelitz und Rheinsberg

Spätsommertörn mit einer Aquino auf der Seenplatte zwischen Müritz, Neustrelitz und Rheinsberg

Hier finden Sie einen ausführlichen Erfahrungsbericht von Herrn Wiswe, seiner Frau und der Schafpudelhündin Trudi. Sie sind zusammen im Oktober mit einer Aquino unterwegs gewesen. Gerade für Pärchen ist dieser Bericht sehr zu empfehlen.

Auf Kanaltour in Frankreich

Auf Kanaltour in Frankreich

Der Rhein-Marne-Kanal ist ein wunderbar entspannter Wasserwanderweg durch die abwechslungsreiche Landschaft Elsass-Lothringens. An den zahlreichen Schleusen kann man aber seine kleinen Abenteuer erleben.                Von Stephan-Thomas Klose

Hausboottour auf dem Rhine Marne Canal

Hausboottour auf dem Rhine Marne Canal

Ralf Rebe, bekannt durch seinen Blog Kreuzfahrt4.0, hat Urlaub auf einer Kormoran in Frankreich gemacht. Wie es ihm gefallen hat? Lesen Sie selbst.

Mehr Baustelle als Vergnügungsdampfer

Mehr Baustelle als Vergnügungsdampfer

Wenn Schiffe reden könnten, dann hätten sie was zu erzählen. Zum Beispiel, wie laut und wie gefährlich es gewesen sein muss auf der Helling der Stettiner Oderwerke AG im Jahr 1905. Da wurde nämlich ein knapp 16 Meter langer Schraubenschleppdampfer auf Kiel gelegt, der auch als Eisbrecher Dienst tun sollte und dieser Tage als „Ares“ in Mecklenburg unterwegs ist.
Die Stahlplatten des Rumpfes wurden damals nicht auf die Spanten (sozusagen das Gerippe des Schiffs) geschweißt, sondern genietet. So dicht wie möglich am Bauplatz stand seinerzeit ein mit Kohle beheizter Nietkocher. Der Nietheizer erwärmte die Nieten, bis sie rotglühend waren und warf sie dann mit einer Zange einem Kollegen zu, der fing den Niet in seinem Fangeimer auf, griff ihn mit der Zange und steckte ihn in ein vorbereitetes Loch. Innen im Rumpf stand dann der eigentliche Nieter der den Niet von Innen mit einem Presslufthammer und einem Hilfswerkzeug (dem Nietzieher) bearbeitete, so dass zwei Metallplatten pottendicht miteinander verbunden waren. Das stetige Hämmern auf Stahl muss eine enorme Geräuschkulisse ergeben haben.

Schon äußerlich eine Schönheit: Der Niedergang in den künftigen Wohnbereich befindet sich vor dem Steuerhaus.

Die Eisennieten der „Ares“ sind stumme Zeugen dafür, mit welchem Aufwand und unter welchen Gefahren für die Arbeiter der Werft früher Schiffe gebaut wurden. Seit sich ab den 1940er Jahren das Schweißen im Schiffbau immer mehr durchsetzte, nimmt die Zahl der genieteten Schiffs- und Bootsrümpfe, die noch unterwegs sind, kontinuierlich ab. Selbst die dickste Stahlplatte hält dem Rostfraß nicht ewig stand. Umso ehrenwerter ist es, wenn ein solches Zeugnis der Schiffbaukunst erhalten wird.

Deck bemoost!

„Als ich die damalige ,Barbarossa’ und heutige ,ARES’ in Berlin zum ersten Mal sah, war klar, dass das in der ersten Zeit mehr Baustelle als Vergnügungsdampfer sein würde“, berichtet Astrid Hiersche und ergänzt: „Das Deck war im Bereich des Schanzkleids wie ein altes Hausdach teilweise mit Moos bewachsen. Teilweise konnte ich den Rost mit den Finger eindrücken.“ Der Plan war einfach: Der Schleppdampfer sollte auf eigenem Kiel und aus eigener Kraft von Berlin ins heimatliche Schwerin gelangen; und auf dem Weg dorthin sollte eine Werft angesteuert werden, die die „Ares“ aus dem Wasser heben, den Rumpf untersuchen und – wo erforderlich – instandsetzen konnte. Die Wahl auf die Kuhnle Werft.

Erstwasserung zur Überprüfung der Trimmung.

Die Arbeiten waren dann doch aufwändiger als erwartet. „Aber alles gut, mein Kundenbetreuer Christian Peter hat mich immer auf dem laufenden gehalten. Wir haben besprochen, was an weiteren Arbeiten notwendig ist und was das extra kosten würde. Und manche Stellen sieht man eben erst, wenn man die ersten Schichten Moos, Farbe und Rost abgetragen hat.“ Christian Peter und Franko Musfeld, der in der Werfthalle für die Ausführung der Arbeiten sorgte, hätten ihr immer transparent gemacht, was für ein Problem aufgetreten ist, wie die Lösung aussähe und was sie kosten würde. Vom Kranen, über die Schallmessung der Rumpfstärke, die Schweiß- und Lackierarbeiten am Unterwasserschiff, der Restaurierung der Ruderblattaufhängung, der Schweiß- und Lackierarbeiten auf dem Oberdeck, die neuen Opferanoden und der Erneuerung des Ankerkastens reichen die Werftarbeiten.

Boot zum Anpacken

Ganz ohne Schmerzen hat das neue Bauprojekt des Ehepaares Hiersche nicht begonnen. Schweren Herzens haben sie sich von ihrem letzten Restaurationsobjekt getrennt – einem neun Meter langen schwedischen Mahaghoniboot mit schlanken Linien und zeitloser Eleganz. „Ganz schwieriges Thema“ sagt Astrid Hiersche, die das Holz des verkauften Schweden restauriert, geschliffen, lackiert und wieder geschliffen und wieder lackiert hat. Frau Hiersche hat viel Liebe und Zeit in das Holzprojekt gesteckt und wird auch bei der „Ares“ wieder anpacken. Ihr Pro-Tipp für alle Frauen, die wie sie vor Dreckarbeit nicht zurückschrecken: „Fingernägel dick lackieren, dann sieht man die schwarzen Ränder nicht.“

Die „Ares“ kurz nach der Taufe auf dem Weg zur ersten Probefahrt.

„Mir war wichtig, dass die klassischen Werftarbeiten wirklich fertig sind“, sagt Hiersche. „Das was mein Mann und ich am im Wasser liegenden Schiff nicht selbst oder nur unter größtem Aufwand selbst machen können, wollte ich erledigt haben.“ Schließlich soll die „Ares“ die nächsten fünf Jahre im Wasser liegen bleiben. Da Hiersches Mann auch technischer Taucher ist, wird er den Rumpf zwischendurch eben im Wasser liegend vom Bewuchs befreien.

Sobald die „Ares“ an ihrem neuen Liegeplatz im Ziegelaußensee angekommen ist, geht für Hiersche und ihren Mann die Arbeit erst richtig los. Der Innenausbau steht an. „Es soll zeitgerecht sein, so auf dem Niveau der 20er oder 30er Jahre des 20. Jahrhunderts.“ Außer bei sicherheitsrelevanten Elementen (wie zum Beispiel einem Binnenfunkgerät) wird es keinen Kunststoff an Bord geben, statt Duschtasse gebe es dann eben eine verkupferte Zinkwanne.

Um den Antrieb macht sich Hiersches Ehemann wenig Sorgen. „Die originale Dampfmaschine ist schon 1978 ausgebaut worden, zwischenzeitlich war ein untermotorisierter Diesel installiert. Der ist in den 1990ern durch einen Daimler-Benz OM355-Diesel-Motor mit nun ca. 11,5 Litern Hubraum und immerhin 200 PS von 1969 ersetzt worden.“ Mit Schiffsdieseln kennt er sich als Diplom-Ingenieur für Schiffsbetriebstechnik aus. Bis auch der Motor perfekt in Schuss ist, wird das Schiff mit maximal 900 Umdrehungen gen Schwerin tuckern. Das bringt den 38 Tonnen schweren ehemaligen Schleppdampfer immerhin auf 10 Kilometer pro Stunde. Gleichwohl bleibt die Optik des Schiffs mit dem originalen, hohen klappbaren Schornstein erhalten. „Wenn man den nicht hätte niederlegen können, hättet ihr jetzt ein Oberlicht im Werftdach“, grinst die Eignerin der „ARES“. Dann schnappt sich das ambitionierte Ehepaar Pinsel und Farbrollen, der schwarze Rumpf muss noch den neuen Bootsnamen aufgemalt bekommen.

Hausbootferien auf Rädern

Hausbootferien auf Rädern

Erfahrungen eines Booteinweisers

Was macht ein barrierefreies Boot aus?

Seit es die sogenannten Pontonboote auf dem Binnenchartermarkt gibt, ist Hausboot fahren auch für Menschen mit Mobilitätseinschränkung attraktiv im Sinne von „machbar“ geworden. Alle Bereiche, mit Ausnahme des nur über eine Leiter oder Treppe zugänglichen Kajütdachs, befinden sich auf einer Ebene und mindestens eine Kabine verfügt über ausreichend breite Türen für den Rollstuhl. Die Nasszelle verfügt über die obligatorische Ausstattung wie Haltegriffe, eine mit dem Boden bündige, befahrbare Duschwanne und einen Klappsitz fürs Duschen. Weiterhin gibt es in der Küche einen unterfahrbaren Bereich damit Spüle und Küchengeräte ohne fremde Hilfe genutzt werden können.

Was ist an Deck anders?

Der barrierefreie Zugang vom Steg führt zunächst aufs Vordeck. Eventuelle Höhenunterschiede werden mit einer stabilen Klapprampe überbrückt, wie man sie von öffentlichen Verkehrsmitteln kennt. Das Vordeck dient als Freifläche und Badeplattform. Es beherbergt den Fahrstand, die vorderen Belegklampen für die Leinen und den Hauptanker. Das auf Booten Reling genannte Schutzgeländer ist je nach Bauart und Optik in Metall oder Holz gehalten. Vorn und an den Seiten befinden sich Öffnungen, die mit Leinen oder Ketten gesichert sind. Die Relingöffnungen dienen dem Betreten und Verlassen des Bootes im Hafen und dem besseren Handling bei Leinenmanövern. Üblicherweise liegen die Boote bei Übergabe mit dem Bug am Steg, weil hier die Relingöffnung breit genug für den Rollstuhl ist. Dementsprechend sollte man unterwegs auch mit dem Bug am Gaststeg festmachen, um bequem an Land zu kommen. Aber auch die seitlichen Öffnungen in der Reling sind breit genug für den Rollstuhle. Vor Anker liegend lässt sich am Bug die Badeleiter ausklappen.

Auch der Fahrstand auf dem Vorschiff ist so gestaltet, dass Rollstuhlfahrer das Boot in bequemer Sitzhaltung steuern können. Das Steuerrad ist ausreichend hoch und die Säule mit dem Steuerrad, dem Schalthebel und den Schaltern für Signalhorn, Lichter und so weiter vom Rollstuhl aus erreichbar. Für den Blick nach achtern sind an beiden Fahrstandüberdachungen Rückspiegel wie bei Bussen oder LKW angebracht. Alternativ oder zusätzlich sind auf bestimmten Booten auch Kameras am Heck verbaut, die über einen Monitor am Fahrstand überwacht werden.

Das leichte Handling schwerer Ausrüstung

Ein weiteres Kriterium nicht nur auf einem barrierefreien Charterboot ist der Anker. Der Hauptanker befindet sich üblicherweise im Bereich des Vordecks in der Nähe des Fahrstands. Je nach Bootsgröße kann der Anker in eine Gewichtskategorie fallen, an der sich vor allem reine Damencrews mitunter schwertun, diesen über Bord zu werfen und wieder hochzuholen. Um sicher zu sein, die richtige Wahl zu treffen, sollte am besten schon bei der Buchung gefragt werden, ob das Boot auch über eine Ankerwinde verfügt, und ob diese manuell oder elektrisch bewegt wird. Der Heckanker ist üblicherweise auf der meist deutlich kleineren Plattform in der Nähe des Außenbordmotors zu finden und für Rollstuhlfahrer nicht zugänglich.

Soweit die grundlegenden Gegebenheiten auf rollstuhlgeeigneten Hausbooten.

Erfahrungen mit unterschiedlichen Behinderungen

Als Booteinweiser sind mir Gäste mit unterschiedlichsten Einschränkungen begegnet. Unter den Gästen im Seniorenalter ist die Ursache für die körperliche Einschränkung im Idealfall nur dem Alter geschuldet. Diese Gäste haben in jungen Jahren häufig selbst ein Boot gefahren und sind mit den Gegebenheiten an Bord vertraut. Häufig kommen Oma und Opa noch mit eigener Kraft aus dem Rollstuhl heraus, können einige Schritte gehen und den Sitzplatz wechseln. Sie besitzen genügend Lebenserfahrung, um selbst einzuschätzen, wo sie sich trotz ihrer Einschränkungen an Bord nützlich machen können und wann es ratsam ist, sich zurückzuziehen und den Jüngeren das Ruder zu überlassen.

Etwas komplizierter wird es, wenn jemand ohne Bootserfahrung in seinen Bewegungen eingeschränkt ist, zu Beispiel durch einen Schlaganfall, einen Unfall oder eine Amputation. Überlegen Sie, was Sie zu Hause können und nehem Sie sich nicht zuviel vor. Können Sie beherzt und schnell zugreifen? Prima. Falls nicht: Besprechen Sie mit der Crew, wie zum Beispiel bei Anlegen und in der Schleuse die Aufgaben sinnvoll verteilt sind. Das kann bedeutet, dass der oder die Rollstuhlfahrer(in) im Bootsinneren den Blick auf das Geschehen aus sicherer Distanz genießt oder der oder die Rollstuhlfahrer(in) übernimmt als in die Charterbescheinigung eingetragener Schiffsführer den Job am Fahrstand und überlässt das Handling der Leinen den anderen Crewmitgliedern.

Fehlt es allein an der körperlichen Kraft in den Gliedmaßen, um insbesondere das Steuerrad und den Gashebel sicher zu bedienen, und kommt dann noch eine ausgeprägte Pflegebedürftigkeit hinzu, sollte ein Plan B ins Auge gefasst werden. Wird der Gast von Pflegepersonal begleitet, sollte eine der Begleitpersonen als verantwortlicher Schiffsführer zur Verfügung stehen und entsprechend eingewiesen werden. Diese Rollenverteilung sollte idealerweise bereits vor der Reisebuchung geklärt worden sein, damit die pflegende Begleitperson nicht erst an Bord mit der neuen Aufgabe überrumpelt wird. Die pflegebedürftigen und die pflegenden Personen sind in der Regel eingespielte Teams mit einem ausgeprägten Vertrauensverhältnis, sodass am Ende das gemeinsame Bordleben auch in der neuen Umgebung eines Hausbootes eine runde Sache wird.

Eine besondere Erfahrung für einen Booteinweiser ist die Begegnung mit von Geburt an schwer geistig und körperlich behinderten Menschen. Die überwiegend jungen Menschen kommen in Begleitung der Familie. Hier ist besondere Sensibilität gefragt, wenn zum Beispiel der gut gemeinte Handschlag zur Begrüßung beim Betroffenen große Schmerzen auslöst und die Familie ihren Schützling wieder beruhigen muss. Es kommt auch vor, dass der Einweiser ungewollt in die Privatsphäre der Familie eindringt, wenn er dem zukünftigen Schiffsführer zum Beispiel den Außenborder erklärt und dabei die Heckkabine passieren muss, in der das behinderte Kind nach der langen Anreise pflegerisch versorgt wird. Betroffene Familien sollten sich dessen bewusst sein und ihre speziellen Bedürfnisse klar kommunizieren. Dann können sie darauf vertrauen, dass seitens des Einweisers so gut wie alles getan wird, damit die Bootsreise gelingt. Dazu gehört auch, dass die Einweisung über das für die Charterbescheinigung vorgesehene Pflichtprogramm hinausgeht und den individuellen Bedürfnissen der Familie oder Gruppe gerecht wird. Es versteht sich von selbst, dass die Person im Rollstuhl in besonderer Weise geschützt sein muss, sei es durch das Tragen einer Rettungsweste und das seemäßige Arretieren des Rollstuhls während der Fahrt und vor Anker liegend.

Eine Frage des Selbstvertrauens

Wozu Chartergäste mit Mobilitätseinschränkungen in der Lage sind, möchte ich an einem Beispiel verdeutlichen. Zwei junge Damen haben ein Boot gechartert, die eine mit dem Rollstuhl uterwegs, die andere nicht. Beide erweisen sich auf meine Nachfrage nicht als beste Schwestern, aber als „ziemlich beste“ Freundinnen, die schon andere Herausforderungen gemeinsam gemeistert haben und offen für Neues sind. Die Beiden haben sich darauf verständigt, dass die Dame im Rollstuhl Schiffsführerin ist. Ich frage nach ihren körperlichen Möglichkeiten und erfahre, dass unterhalb der Gürtellinie eine vollständige Lähmung vorliegt und ein kurzfristiges Verlassen des Rollstuhls nicht möglich ist. Der Oberkörper ist jedoch beweglich und die Arme sind in vollem Umfang zu gebrauchen. Ich frage weiter nach der Fahrtroute. Diese soll nicht in die nächstbeste Ankerbucht um die Ecke, sondern gleich zur nächsten Schleuse führen. Während viele andere Bootchartergäste ohne Handicap Schleusen so gut es geht meiden, sehen die beiden darin nur eine weitere Challenge unter vielen bereits absolvierten. Respekt, Respekt!
Nun stehe ich als Einweiser vor der Herausforderung, den beiden zu erklären, wie sie zu zweit das Boot möglichst stressfrei an die Schleusenwand schieben, die Leinen elegant an einer Befestigungsmöglichkeit durchkriegen und anschließend während des Schleusens die Leinen führen. Wir finden eine Lösung und machen auch gleich eine „Trockenübung“ an der Spundwand, an der sich Befestigungsbügel ähnlich denen in einer Schleuse befinden. Anschließend machen wir abweichend vom Standardprogramm noch einen kurzen Abstecher zur Ansteuerungstonne, um ein Gefühl für die Wellen der Müritz zu bekommen. Während die „ziemlich beste“ Freundin das Gepäck an Bord bringt, schiebe ich die Skipperin zur theoretischen Unterweisung. Am nächsten Vormittag fahren sie das Boot ohne die bei Anfängern üblichen Schlangenlinien durch den Kanal auf die Müritz und kriegen ebenso elegant die Kurve in Richtung der roten Tonnen entlang des Südufers.

Fazit: Es ist vieles möglich, wenn man nur will und sich nicht von Schicksalsschlägen davon abbringen lässt. Wenn meine Einweiserkollegen und ich Chartergästen dabei helfen können, ihre individuelle Dosis an Selbstvertrauen zu finden, haben wir uns das Feierabendbier an der Beach Bar redlich verdient.

Text: Klaus Neumann

Fotos: Kuhnle-Tours / Harald Mertes